.
  Wir über uns    Mitglied werden    Kontakt    Gästebuch


Editorial

Liebe Portugalfreunde,

kurz vor der Weltmeisterschaft ist der Fußball das alles beherrschende Thema. Auch die Hansestadt als Austragungsort von fünf Spielen steht im Ziel des Interesses. Darüber hinaus bietet sie einer der teilnehmenden Mannschaft Quartier, nämlich den USA. Aus unserer Sicht wäre es schöner gewesen, wenn es die portugiesische Mannschaft gewesen wäre. Doch diese hat mit Marienfeld eine Bleibe gefunden, die sich zumindest innerhalb des Zuständigkeitsbereichs des Hamburger portugiesischen Generalkonsulats befindet. Passend wäre auch der amtierende Weltmeister, die Mannschaft von Brasilien, gewesen, denn, wie nur wenige wissen dürften, war der Gründer des ältesten, noch heute existierenden brasilianischen Fußballclubs ein Hamburger Immigrant, Johannes Christian Moritz Minnemann, der Großvater unserer Präsidentin Maralde Meyer-Minnemann.

Doch diese Meisterschaft hat noch einen anderen Aspekt, der sich mit dem Thema dieses Heftes in Verbindung bringen lässt. Ist Ihnen schon aufgefallen, dass drei der 32 Mannschaften portugiesischsprachig sind und dass sie von drei verschiedenen Kontinenten kommen: die portugiesische aus Europa, die brasilianische aus Südamerika und die angolanische aus Afrika? Es ist, wenn Sie so wollen, der andere Aspekt der mit Portugal in Zusammenhang stehenden Migrationen. In der letzten Ausgabe haben wir uns dem Aspekt der Einwanderung zugewandt, einem Phänomen, das von entscheidender Bedeutung für das heutige Portugal ist.

Historisch gesehen ist Portugal jedoch das klassische Auswanderungsland. Portugal war die erste europäische Nation der Neuzeit, welche die die Kontinente verbindenden Ozeane überquerte, den Atlantik, den Indischen und den Pazifischen Ozean. In letzter Zeit ist viel über die chinesischen Kreuzfahrten und den Admiral Zheng He gesprochen worden. Doch seine Expeditionen blieben für unseren Kontinent ohne Auswirkungen.

Ganz andere Folgen hatte die Ankunft der Portugiesen an den amerikanischen, afrikanischen und asiatischen Küsten, auch wenn diese Tatsache in unseren Geschichtsbüchern nicht immer gebührend gewürdigt wird. Vom 15. bis zum 17. Jahrhundert war Portugal zweifellos die führende Seefahrernation, lange vor den Spaniern, den Engländern, den Franzosen und den Holländern. Und mit einer Perlenkette von Faktoreien, vor allem entlang der afrikanischen und asiatischen Küste, mit deren Betrieb und Schutz 10% der Bevölkerung beschäftigt waren, war Portugal - wie man heute sagen würde - der erste global player Europas.

Es gibt sogar ernstzunehmende Hinweise darauf, dass die Ikone des Entdeckertums, Christoph Kolumbus, nicht Italiener oder Spanier war, sondern Portugiese. Eine seit langem erörterte Theorie, die nun durch einen Roman großen Auftrieb erfahren hat, der soeben in Portugal erschienen ist und einen Riesenerfolg hat, O Codex 632. Wie dem auch sei, was außer Frage zu sein scheint, ist die jüdische, d.h. sefardische Herkunft von Kolumbus/Colón. Es ist genau der sefardische Teil der portugiesischen Bevölkerung, der am meisten zu den portugiesischen Wanderströmen beigetragen hat. Nach ihrer Vertreibung und/oder Zwangstaufe zu Beginn des 16. Jahrhunderts haben sich die Sefarden als sogenannte Neuchristen in der ganzen Welt verstreut und dabei die portugiesische Sprache und Kultur verbreitet.

Unter den von ihnen angesteuerten Häfen ist auch die Stadt Hamburg, wie die Prachtgräber an der Königstraße bezeugen. In seinem Bericht über die Ankunft der ersten Portugiesen in Hamburg weist Peter Koj auf, welch reiches Gepäck sie außer der portugiesischen Sprache und Kultur mit sich führten. Während Häfen wie Hamburg, Amsterdam, Antwerpen, aber auch Bordeaux und London die großen Zentren der sefardischen Auswanderung waren, gab es einzelne Sefarden, die in solch entfernte Länder wie Russland auswanderten. Dies ist der Fall des Narren am Petersburger Hof, Juan d'Acosta, der uns vom großen Kenner der Materie, Michael Studemund-Halévy, vorgestellt wird. Einige Sefarden gelangten bis zu den neuen Territorien in Brasilien und Indien. Doch hier erwartete sie mit der Inquisition dasselbe Schicksal wie in der Heimat. Maralde Meyer-Minnemann hat sich während ihrer Indienreisen auf die Suche nach noch existierenden Spuren portugiesischer Präsenz in Cochin und Goa gemacht und berichtet unter anderem über ihren Besuch in der Casa Bragança.

Die ehemaligen portugiesischen Kolonien Afrikas feierten im letzten Jahr ihre 30jährige Unabhängigkeit. Aus diesem Anlass haben wir die Nummer 30 der Portugal-Post einem dieser Länder gewidmet, nämlich Cabo Verde. Dieses Mal erzählt uns der Mosambikaner Elísio Macano, wie er den Kampf seines Landes für die Unabhängigkeit erlebt hat. Wie bekannt hat Mosambik nach wie vor mit großen Problemen zu kämpfen. Insofern sind Projekte sinnvoll wie das von Ntwanano, an dem die Hamburger Studentin Nele Herrmann teilgenommen hat.

Von ganz anderer Natur ist die Emigration der Portugiesen nach dem 2. Weltkrieg, über die wir bereits in verschiedenen Ausgaben der Portugal-Post berichtet haben. Der große Anziehungspunkt dieses Stromes war und ist Frankreich, vor allem Paris mit ungefähr einer Million Portugiesen. Dabei sollen aber weder unsere Stadt, an die Prof. José d'Encarnação (Coimbra) erinnert, mit ihren fast 10.000 portugiesischen Bürgern übersehen werden, noch das kleine Land Luxemburg, wo die Portugiesen allgegenwärtig sind, wie Monica Reukauff feststellen konnte.

Wir danken den Autoren für ihre Beiträge und hoffen, dass sie Ihnen eine angenehme und interessante Lektüre bereiten. Außerdem möchten wir mit dieser Ausgabe auf Veranstaltungen aufmerksam machen, die wir bzw. andere in petto haben und bei denen es nicht nur um Fußball geht. Gleich am 11. Mai geht es los mit dem portugiesischen Filmfest im Abaton-Kino. Unter dem Motto Nah am Wasser werden neuere portugiesische Filme gezeigt werden, aber auch ältere, wie zwei Kurzfilme von Manoel de Oliveira. Bei der Gelegenheit wird das Hamburger Publikum den Rennwagen in natura zu sehen bekommen, den der große Regisseur aus Porto in den 30er Jahren fuhr und den unsere Mitglieder Gudrun und Dr. Axel Walter erworben und restauriert haben (siehe dazu ihren Artikel in der Portugal-Post 32).

Am 17. Juni findet im Museum für Völkerkunde ein Arraial statt mit gleichzeitiger Übertragung des Fußballspiels Portugal-Iran. Am 6. August feiert unsere Gesellschaft ihr 10jähriges Bestehen. Aber da an diesem Datum sich noch eine Reihe von Mitgliedern im Sommerurlaub befinden dürften, findet die eigentliche Feier am 14. Oktober, ebenfalls im Museum für Völkerkunde, statt. Doch vorher, genauer gesagt, am 3. September, gibt es noch unsere traditionelle Sardinhada. Nach dem Erfolg des letzten Jahres treffen wir uns wieder auf dem schönen Gelände der Tötenser Feuerwehr. Wie Sie sehen, ein vielversprechender Frühling und Sommer. Wir hoffen, Sie können sie nutzen und zu diesen und anderen Veranstaltungen, wie unseren monatlichen Rondas dos Restaurantes, erscheinen.

Die Redaktion





| Seitenanfang |





Impressum         Disclaimer
.
Portugal-Post Nr. 34 / 2006



Deutliche Züge der portugiesischen Architektur trägt das Fenster in der Casa Bragança in Goa, einer ehemaligen portugiesischen Kolonie Indiens