Buchtipp des Monats Februar 2014
Körper, Geschlecht, Sexualität in der Lusophonie
Von Peter Koj
So lautet der Untertitel des unter dem suggestiven Titel Corpo a corpo im Berliner Verlag Walter Frey erschienenen Aufsatzbandes Corpo a corpo heißt so viel wie „Körper an Körper“ oder „mit Körperkontakt“, ist aber nicht der Titel für eine Sammlung erotischer oder gar pornographischer Geschichten. Es ist vielmehr eine Sammlung von zwölf Vorträgen zum Thema Körperlichkeit, die größtenteils im September 2009 auf dem 8. Deutschen Lusitanistentag in München gehalten wurden. Es wird damit ein erster Schritt getan, ein in der Lusitanistik im Gegensatz zu den anderen romanistischen Abteilungen (Französisch, Spanisch, Italienisch) bisher stark vernachlässigtes Terrain zu erkunden. Dabei zeigt sich gerade bei den Beiträgen zur Homosexualität, dass Portugal lange vor Frankreich dieses Thema offen aufgegriffen hat, so z. B. in dem Roman O Barão de Lavos (1891) von Abel Acácio de Almeida Botelho.
Zu den bekannteren lusophonen Autoren, deren Darstellung von Körperlichkeit und Sexualität in diesem Band behandelt werden, zählen José Saramago, Florbela Espanca und Machado de Assis. In einem Beitrag geht es sogar um einen Film, Iracema (1974) aus Brasilien. In dem letzten Aufsatz ( Waffen und Prothesen. Veteranen, Geschichtspolitik und die museale Deutung des portugiesischen Kolonialkriegs 1961-1974 ) steht die Fotografie im Mittelpunkt. Anhand zweier Dauerausstellungen wird gezeigt, wie schwer bestimmte Kreise Portugals sich mit der Aufarbeitung des portugiesischen Kolonialkriegs tun. Während das Museu do Combatente in Lissabon ganz im Sinne seines Trägers, des Veteranenverbandes, in Bildwahl und Text dessen konservativer Linie folgt, zeigt das Museu da Guerra Colonial in Vila Nova de Famalicão auch die Gräuel des Krieges. Träger dieser Ausstellung ist die Associação dos Deficientes das Forças Armadas (ADFA) , eines Kriegsversehrtenverbandes, der – wie seinerzeit berichtet – im Bundeswehrkrankenhaus in Hamburg-Wandsbek im letzten Jahr eine Gedenktafel zum Dank für die von deutscher Seite geleistete ärztliche Hilfe enthüllt hat.
Und noch eine Hamburgensie: Der Band ist der Hamburger Lusitanistin und Historikerin Marion Ehrhardt (1932-2011) gewidmet, deren in Galamares bei Sintra ansässige Stiftung den Druck des Buches unterstützt hat.
Henry Thorau, Tobias Brandenburger (Hg.) Corpo a corpo. Körper, Geschlecht, Sexualität in der Lusophonie Edition tranvía. Verlag Walter Frey . Berlin 2011 € 24,80