Buchtipp des Monats November 2014

Von Peter Koj

Zwei großartige Romane aus Mosambik

Der als Sohn portugiesischer Einwanderer 1955 im mosambikanischen Beira geborene Schriftsteller Mia Couto veröffentlichte 1983 sein erstes Buch, Raiz de Orvalho , eine Gedichtsammlung. Drei Jahre später folgte eine Sammlung von Chroniken ( Vozes Anoitecidas ) und 1992 sein erster Roman: Terra Sonâmbula (in der deutschen Übersetzung von Karin von Schweder-Schreiner das schlafwandelnde land ). Inzwischen sind es 30 Veröffentlichungen, die Mia Couto zu einem der bedeutendsten Schriftsteller der zeitgenössischen lusophonen Literatur gemacht haben. Die Verleihung des Prémio Camões , der höchstdotierten Auszeichnung der portugiesischsprachigen Literatur, im Mai letzten Jahres, war die längst überfällige Anerkennung seines schriftstellerischen Schaffens.

Während seine frühen Romane sich durch sensiblen und wortschöpferischen Umgang mit der portugiesischen Sprache auszeichnen (er selbst weist sich gerne als Dichter aus: „ Sou da poesia“) , sind seine neueren Romane „ernsthafter“, d.h. mehr auf die sozialen Realitäten des durch jahrzehntelange kriegerische Auseinandersetzungen gebeutelten Mosambik ausgerichtet. So wird in dem 2009 erschienenen Roman Jesusalém das Schicksal der Familie des Silvestre Vitalício geschildert, der sich nach dem Tod seiner Frau mit seinen beiden Söhnen und einem Gehilfen in die Einsamkeit eines ehemaligen Jagdreservats zurückzieht. Hier baut er einen stark autoritär geprägten Mikrokosmos auf, den er Jesusalem nennt, denn – so seine Begründung – „Hier würde Jesus sich irgendwann vom Kreuz befreien. Punktum. Schluss!“ (S. 9). Das Beklemmende und Absurde dieser Welt gewinnt dadurch an Brisanz, dass es aus der naiven Sicht Mwanitos, des jüngeren Bruders, dargestellt wird. Das überraschende Ende des Romans, das hier nicht verraten werden soll, stellt dann das ganze Geschehen noch einmal auf den Kopf.

Nicht weniger beeindruckend ist Mia Coutos letzter Roman Das Geständnis der Löwin , als A Confissão da Leoa 2012 erschienen. Die Faszination dieses Romans liegt in seiner „Afrikanität“, Mia Coutos tiefes Eindringen in das mystische Denken und Empfinden der Menschen im Osten Afrikas. Im Wechsel erzählen der Löwenjäger Arcanjo und seine einstige Geliebte Mariamar die Geschichte, wie ein mosambikanisches Dorf von einem menschenfressenden Löwenpaar befreit wird. So geographisch fern uns diese Welt auch liegen mag, so kann man sich der Prosa Mia Coutos nicht entziehen, mit der es ihm gelingt, uns in diese Welt einzubinden, eine faszinierende Welt in ihrer Bedrohlichkeit, ihrer Mystik, aber auch Weisheit. Karin von Schweder-Schreiner, die auch diese beiden Romane von Mia Couto wieder übersetzt hat, verdankt die deutsche Leserschaft die Bekanntschaft mit dieser fremden Welt und mit einem großartigen Schriftsteller. Der Unionsverlag hat sich vorgenommen, den Autor zu pflegen; wir dürfen auf weitere Werke gespannt sein.

Mia Couto, Jesusalem . Roman. Aus dem Portugiesischen von Karin von Schweder-Schreiner. Verlag Das Wunderhorn. Heidelberg 2014 € 24,80

Mia Couto, Das Geständnis der Löwin. Roman. Aus dem Portugiesischen von Karin von Schweder-Schreiner. Unionsverlag. Zürich 2014 € 19.95