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Editorial

Liebe Portugalfreunde,

das Bild ging durch die Presse: der Portugiese António Conceição rückt dem Frankfurter Goethedenkmal mit hartem Besen auf den Leib bzw. fährt ihm über die Nase. Das Bild macht schmunzeln, lässt allerdings auch eine – aus portugiesischer Sicht – weniger schmeichelhafte symbolische Deutung zu: Portugiesen putzen mit ihrer harter Arbeit Hände die deutsche Kultur heraus.
Dass dieses Verhältnis sich – zumindest in der Hansestadt Hamburg – nicht immer so dargestellt hat, zeigt in eindrucksvoller Weise die Ausstellung A Jerusalém do Norte – Sefardische Juden in Hamburg. Sie ist seit dem 26.10. in der Eingangshalle des Rathauses zu sehen und weist auf 48 Tafeln (übrigens zweisprachig) nach, dass die portugiesischen Juden (Sefarden), die sich auf der Flucht vor der Inquisition seit Ende des 16. Jahrhunderts in größerer Zahl an der Elbe niedergelassen hatten, eine große Bereicherung für diese Region darstellten.

Sie waren die echten Kosmopoliten und kurbelten als Überseekaufleute und Makler nicht nur den nach dem Niedergang der Hanse für den Hamburger Hafen so wichtigen Indien- und Ostasienhandel an, sie waren auch große Gelehrte, Ärzte, Diplomaten, Dichter. Dass von dieser portugiesischen Präsenz nicht viel übrig geblieben ist (der Friedhof an der Königstraße, literarische Zeugnisse, die Lissabonner Fayence und der Begriff „Marmelade“) geht einerseits auf die Konkurrenz des sehr viel liberaleren Amsterdams und schließlich das zerstörerische Werk der Nazis zurück.

Die augenblicklich in Hamburg ansässigen Portugiesen haben mit dieser ersten Emigrationswelle direkt nichts zu tun. Sie kamen ab 1962 im Zuge der auch aus anderen Nationen (Italien, Spanien, Jugoslawien etc) angereisten „Gastarbeiter“ in größerem Umfang in die Elbmetropole. Inzwischen stellen sie mit über 10.000 die größte portugiesische Kolonie Deutschlands dar. Sie hat längst das einseitige Bild vom schuftenden Portugiesen überwunden, der hier fleißig und zurückgezogen lebt, um jede Mark zu sparen, die er dann in die portugiesische Heimat überweist, um sich dort nach Erreichung der Altersgrenze in seiner üppigen casa do emigrante niederzulassen.

Wir haben versucht mit dieser Ausgabe der Portugal-Post ein möglichst vollständiges Spektrum portugiesischer Präsenz in der Hansestadt wiederzugeben. Dieses Spektrum umfasst so viele unterschiedlichste Bereiche, dass man eigentlich nicht widersprechen kann, wenn immer wieder gesagt wird: „Hamburg ist die portugiesischste aller deutschen Städte.“ Das geht von den traditionellen maritimen Anbindungen über die Vasco da Gama-Statue (übrigens die einzige außerhalb der lusophonen Grenzen), den heute noch als Auszeichnung verliehenen „Portugalöser“, die zahlreichen portugiesischen Restaurants und pastelarias bis hin zu den vielen portugiesischen und deutsch-portugiesischen Mitbürgern und ihren Organisationen.

Wir danken allen, die durch ihre Beiträge dieses Heft zu einem wahren Kaleidoskop portugiesischer Präsenz in der Hansestadt gemacht haben. Während der Redaktion dieser Ausgabe hat sich in Portugal viel Berichtenswertes ereignet (Solidarität mit Osttimor, der Tod von Amália Rodrigues, die Parlamentswahlen), was aber in diesem Themenheft keinen Platz gefunden hat, sondern in anderer Form berücksichtigt werden musste (Näheres dazu im Zettelkasten). Wir bitten um Verständnis. Die neunte Ausgabe der Portugal-Post erscheint im Februar; wir wünschen Ihnen also schon jetzt ein gesegnetes Weihnachtsfest und einen guten Einstieg/boas entradas in das neue Jahr(tausend).

Ihr Redaktionsteam





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Portugal-Post Nr. 8 / 1999