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"Círculo de Cultura Portuguesa em Hamburgo"

Von Peter Koj *

Der "Circulo de Cultura Portuguesa em Hamburgo / Kulturkreis Portugal in Hamburg" (CCPH/KKPH) gehört mit seinem fünfjährigen Bestehen zu den jüngeren Vertretern unter den zahlreichen bikulturellen Organisationen in der Hansestadt. Er kann jedoch auf eine längere Vorgeschichte zurückblicken. Und diese heißt "Freundeskreis Portugiesischer Agrarkooperativen in Hamburg" (s. auch Tranvía Nr. 32, Seite 26 ff.). Mit ihm existierte in Hamburg eine Gruppe von Linken, für die die praktischen Erfahrungen und die politische Auseinandersetzung um die Agrarreform tiefe Bindungen zu Portugal hatte wachsen lassen. Gleichzeitig entwickelte sich eine enge Beziehung zur portugiesischen Kulturszene der Zeit, vor allem zu José Afonso. Anläßlich der Nachrichten über die fortschreitende Krankheit dieses großen Sängers und aufrechten Menschen schloß sich der Freundeskreis mit einigen Vertretern eines portugiesischen Emigrantenvereins zusammen, um ermutigende Unterstützung (u.a. medizinisches Gerät) nach Portugal zu senden.

Nach Zecas Tod waren alle an einer Fortführung der deutsch-portugiesischen Kulturarbeit interessiert. So luden Ende Oktober 1988 die zehn Gründungsmitglieder – Guilherme de Almeida, Dorle Dracklé, Erwin Hauswald, Elke Helbing, Ursula Jäger, Annette Spiering, Cordula Stucke, Jorge Veludo, José Ventura und Friedrich von Wedel-Parlow – zum ersten Treffen des Kulturkreises ein. Die gut 40 Anwesenden stellen im wesentlich den noch heute gültigen Mitgliederstand dar. Ein gutes Drittel sind Portugies/inn/en.

Die Ziele des Kulturkreises sind schnell umrissen: er möchte eine Plattform zur Förderung der Kulturbeziehungen zwischen Portugal und Hamburg sein. Hamburg besitzt, wie bekannt, traditionell starke Bindungen an Portugal. Das beginnt mit den Handelsbeziehungen, die bereits auf Privilegien König Manuel I zurückgehen und später durch eine einflußreiche Niederlassung portugiesischer Sefarden in Hamburg weiter gefördert wurden, und endet heute mit der wohl größten Portugiesen-„Kolonie“ Deutschlands (ca. 7000).
Doch trotz all dieser lusitanischen Bindungen der Hansestadt hat der Kulturkreis es nicht leicht, der Stimme Portugals an der Elbe Geltung zu verschaffen. Zu groß ist das kulturelle Angebot der Millionenstadt, sehr viel nachhaltiger machen andere Länder auf sich aufmerksam, sei es aus aktuellem politischem Anlaß, sei es durch eine bessere finanzielle Ausstattung. Was der CCPH/KKPH in fünfjähriger Tätigkeit auf die Beine gestellt hat, kann sich trotzdem sehen lassen.

Aushängeschild des Kulturkreises ist das Circular/Rundschreiben, das die Mitglieder sechs bis sieben Mal im Jahr erhalten. Hier werden sie – zweisprachig natürlich! – über bevorstehende lusophone Veranstaltungen in Hamburg und Umgebung informiert, aber auch über Neuerscheinungen auf dem Bücher- und Phonomarkt. Den größten Teil des Rundschreibens nimmt der Informationsblock ein, in dem Artikel verschiedener portugiesischer Presseorgane (Expresso, Visão, Público, Jornal de Letras etc.), aber auch nichtportugiesischer Zeitungen und Zeitschriften zur jüngsten kulturellen und gesellschaftlichen Entwicklung in Portugal zusammengestellt sind. Dieses gelegentlich bis zu 28 Seiten umfassende Konvolut hat über Hamburgs Grenzen auf sich aufmerksam gemacht und es soll sogar Fälle von Beitritten geben, nur um in den Genuß dieses umfangreichen und informativen Rundschreibens zu gelangen.

Doch der Kulturkreis macht nicht nur auf Veranstaltungen anderer aufmerksam, sondern betätigt sich selbst als Veranstalter. Das geschieht entweder im internen Rahmen, wenn Vereinsmitglieder etwas anzubieten haben, so wenn Cordula Stucke und José Ventura über die gesellschaftliche Situation auf Madeira informieren, Barbara Mesquita in das Werk des Dichters Sá Carneiro einführt, Maralde Meyer-Minnemann eine Blick in ihre Übersetzerwerkstatt gewährt oder Piedade Gralha mit kritischem Skalpell die „Verdadeira Alma Portuguesa“ seziert. Von den von auswärts engagierten Referenten und Künstlern seien erwähnt. António Goucha Soares („Portugal e a União Europeia“), die Theatergruppe „Cá e Lá“ aus Paris mit ihrem Stück Mulher ao Mar und die Sängerin Madalena de Faria aus Berlin, die mit ihrem portugiesischen Liederabend im Foyer des Museums für Völkerkunde dem 4. Internationalen Kongreß der Lusitanisten einen künstlerischen Glanzpunkt aufsetzte.

Veranstaltungen dieser Art bekommt man natürlich nicht zum Nulltarif und der CCPH/ KKPH ist dabei auf Unterstützung anderer Institutionen angewiesen, wie z.B. die Hamburger Kulturbehörde oder das Instituto Camões. Als nützlich und fruchtbar hat sich auch die Zusammenarbeit mit dem Landesverband Hamburg der Deutsch-Portugiesischen Gesellschaft erwiesen. Sie ermöglichte es, drei umfangreichere Ausstellungen nach Hamburg zu holen, die auch bei einem größeren Publikum und den Medien Interesse für die portugiesische Kultur weckten.

Vom 5. bis 18. Mai 1990 zeigte der kürzlich verstorbene Professor Rainer Marggraff (Osnabrück) seine Ausstellung „500 Jahre Fliesenkunst in Portugal“ in den Räumen des Ibero-Amerika-Hauses. Beeindruckend für den Kulturkreis und die bei der Eröffnung zahlreich anwesenden Gäste war das Engagement des deutschen Spezialisten des für Portugal so charakteristischen Kunstproduktes „Azulejo“. Daß die Portugiesen auch Pioniere in der Kartographie waren, machte die Ausstellung „Die „Portugiesische Kartographie und die Schaffung des Weltbildes“ deutlich. Sie wurde von der portugiesischen „Kommission für die Feierlichkeiten zu den portugiesischen Entdeckungen“ zur Verfügung gestellt und vom 4. bis 25. April 1991 im Foyer der Börse gezeigt.

Trotz der Probleme, welche die Hamburger Portugal-Freunde im Vorfeld der Ausstellung mit offiziellen portugiesischen Stellen hatten (s. dazu meinen Artikel „Es war einmal ... “ in Tranvía Nr. 25), ließen sie sich schon ein Jahr später darauf ein, das noch viel ambi-tioniertere Unternehmen der Entdeckerkommission, „Portugal na Abertura do Mundo“, nach Hamburg zu holen. Diese Mammutausstellung war im großen Börsensaal der Handelskammer sehr dekorativ untergebracht. Zu ihrer Eröffnung am 14.9.92 waren Vertreter des portugiesischen und Hamburger Kulturgeschehens erschienen: Margarida Gouveia (portugiesische Kulturattachée), Vasco Graça Moura (Präsident der Kommission für die Feierlichkeiten zu den portugiesischen Entdeckungen), Christina Weiss (Hamburger Kultursenatorin) u.a.

Sorgen bereiten dem Kulturkreis die ausländerfeindlichen Tendenzen im wiedervereinten Deutschland, obwohl oder gerade weil diese primitive Art zu ,denken‘ den Mitgliedern einer bikulturellen Organisation absolut wesensfremd ist. Im CCPH/KKPH ist man nicht Deutscher oder Portugiese, sondern Silke oder Madalena, João oder Werner. Trotzdem ging bereits Ende 1991 ein besorgter Brief an den Bundesinnenminister, dessen an Arroganz und Hilflosigkeit nicht zu überbietende Antwort durch die späteren furchtbaren Ereignisse (Mölln, Solingen u.a.) auf bittere Weise Lügen gestraft wurde. Auch die gutgemeinte Veranstaltung »Vielvölkerstadt Hamburg« (5. und 6. Juni 1993 auf dem Rathausmarkt), an welcher der CCPH/KKPH mit einem Informationsstand beteiligt war, dürfte uns der Lösung des Problems keinen Schritt näher gebracht haben. Man sollte aufhören, Ausländer als Ausländer zu betrachten anstatt als individuelle Persönlichkeiten und Mitmenschen. In einer bikul-turellen Organisation, die auf Austausch angelegt ist, ist dies eine Selbstverständlichkeit. Oder, um es überspitzt zu formulieren: wenn jede/r Deutsche in einem bikul-turellen Freundeskreis engagiert wäre, hätten wir kein sogenanntes ,Ausländer‘-problem.


* Der vorstehende Artikel über den "Kulturkreis Portugal in Hamburg" erschien erstmals im Juni 1994 in der in Berlin erscheinenden Zeitschrift Tranvía unter dem Titel "Bikulturelles aus Hamburg"






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Portugal-Post Nr. 8 / 1999