.
  Wir über uns    Mitglied werden    Kontakt    Gästebuch


Bacalhau e Dolce Vita

Von Maria Hilt

In Hamburg auf einen Portugiesen zu treffen ist nicht allzu schwierig. Man muss nur eine der unzähligen Pastelarias, Mercearias oder Restaurants besuchen, die in den meisten Stadtteilen mit Pasteis und Bacalhau locken. Doch auch außerhalb der ur-portugiesischen Gastro-Szene lohnt sich ein Blick hinter die Kulissen, und man wird entdecken, dass auch hier vielerorts längst die lusitane Lebenskunst Einzug gehalten hat.

So zum Beispiel im Etrusker am Grindelhof. Das italienische Restaurant, seit mehr als dreißig Jahren geführt von Signora Luisa, ist beliebt bei Fans von Pizza, Pasta und Bruschetta. Doch den Kochlöffel in der kleinen Cucina schwingt hier keineswegs eine italienische Mamma - sondern bereits seit 28 Jahren Gracinda Ilídio, eine waschechte Portugiesin aus der Bairrada.
Als es sie im Jahr 1976 zum ersten Mal in die Hansestadt zog, um Onkel und Tante zu besuchen, begann Dona Gracinda erst einmal ein für viele portugiesische Migrantinnen damals typisches Tageswerk: Sie arbeitete als Putzfrau in hanseatischen Haushalten und Firmen.

Eines Abends besuchte sie mit einigen Freunden den Etrusker, wo damals schon ihre portugiesische Freundin Filipa hinterm Tresen stand. Signora Luisa verstand sich mit Gracinda auf Anhieb so gut, dass sie ihr wenige Tage darauf einen Arbeitsplatz anbot. Auch Gracinda hatte sich im Etrusker gleich wohl gefühlt, und so sagte die junge Portugiesin dem Putzlappen adieu und heuerte, zunächst nur am Wochenende und zunächst nur als Tellerwäscherin, in dem gemütlichen Ristorante an.

Es dauerte nicht lange, da rollte Gracinda ihren ersten Pizzateig aus, dann kamen die Pastasaucen, und mit der Zeit lernte sie alle Tricks und Kniffe der italienischen Küche kennen. "Ich habe damals oft in anderen italienischen Restaurants gegessen, und wenn mir etwas geschmeckt hat, habe ich zu Hause einfach so lange herumprobiert, bis ich das Gericht auch kochen konnte", verrät Dona Gracinda.

Nicht nur italienische Speisen, sondern auch die italienische Sprache lernte die portugiesische Köchin bei ihren neuen Arbeitgebern im Nu: "Das ging ganz schnell, Italienisch ist dem Portugiesischen ja ein bisschen ähnlich", erinnert sich Dona Gracinda, "und inzwischen sprechen Signora Luisa und ich eine wilde Mischung aus den beiden Sprachen - das ist unser ganz eigener Dialekt." Zwischen den beiden Frauen ist über die Jahre eine tiefe Freundschaft entstanden. Dona Gracinda ist Patentante von Signora Luisas Sohn, und zur Hochzeit von Gracindas Tochter im vergangenen Jahr reisten einige Mitglieder von Luisas Familie zu der Feier extra nach Portugal.

Die binationale Federführung in der Etrusker-Küche ist unter den vielen Stammgästen des kleinen Lokals längst kein Geheimnis mehr. Neben Dona Gracinda vertritt auch der Oberkellner, Senhor Jorge, die portugiesische Seite. Viele Besucher schätzen gerade diese besondere Mischung aus Dolce Vita und portugiesischer Gemütlichkeit. "Zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006 war es hier natürlich ganz besonders lustig", so Dona Gracinda, "ich habe mir immer eine portugiesische Fahne umgehängt und unsere Mannschaft angefeuert - und unsere Gäste haben für unsere Jungs mindestens genauso laut mitgejubelt wie für die Italiener!" Die gegenseitigen Siege habe man sich aber selbstverständlich von Herzen gegönnt, versichert Dona Gracinda. Sie wisse gar nicht, was aus ihr werden solle, wenn sie dem Etrusker einmal den Rücken kehren müsse, so die luso-italienische Küchenfee. Die Restaurant-Belegschaft sei ihr eine richtige Familie geworden. "Ich kenne hier in Hamburg eigentlich mehr Italiener als eigene Landsleute. Irgendwie haben die Italiener auch viele Gemeinsamkeiten mit uns Portugiesen. Zum Beispiel der Familiensinn, der wird dort genau so hochgehalten wie bei uns."

Sie sei zwar, trotz der 31 Jahre in Deutschland und der 28 Jahre zwischen italienischen Kochtöpfen, im Herzen noch immer eine treue Portugiesin. Aber eines gibt Dona Gracinda lächelnd zu: "Ich mag una bella esparguete fruti di mare inzwischen wirklich genauso gerne wie meinen Bacalhau à portuguesa!"







Impressum         Disclaimer
.
Portugal-Post Nr. 40 / 2007


Die Portugiesin Dona Gracinda kocht fast 30 Jahre lang in dem italienischen Restaurant Etrusker