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Alentejo: Das Land der Korkeichen und Weine

Von Heinrich Schmalstieg *

Der Alentejo - "Jenseits des Flusses Tejo" -, der sich zwischen Tejo und Algarve erstreckt, unterteilt sich in Alto Alentejo und Baixo Alentejo (dem oberen und unteren Alentejo). Es ist Portugals am dünnsten besiedelte Provinz. Auf diesem Viertel der Staatsfläche leben gerade einmal 5% der etwa 10 Millionen Einwohner Portugals. Das weite, hügelig gewellte Land mit heißen und trockenen Sommern galt schon zur Zeit der Römer als die Kornkammer Portugals. Nirgendwo in Portugal findet man so adrette, liebevoll gepflegte Städte und Dörfer. Die Häuser werden alljährlich gekalkt.

Das Klima ist von großer Trockenheit in den Sommer- und frühen Herbstmonaten gekennzeichnet. Die Böden sind aus Urgestein - die Region von Borba ist ein bedeutendes Marmorabbaugebiet. Die Landschaft ist geprägt durch ausgedehnte Ebenen und sanfte Hügel, Pinien- und Korkeichenwälder, alte Olivenhaine und große landwirtschaftlich genutzte Flächen, dazwischen weiße kleine Dörfer und auf den Hügeln die sog. montes, größere Güter oder Bauernhöfe.

Den meisten Touristen ist dieser Landstrich lediglich als Produktionsstätte von Kork bekannt. Überall im Land sieht man diesen natürlichen Reichtum Portugals, selbst wenn der Reisende das Land nur von der neuen Autobahn betrachtet. Kaum ein Reisender nimmt zur Kenntnis, dass dieses Land noch ganz andere Schätze birgt, vor allem seine vielen sehr guten Weine.

Der Weinanbau im Alentejo hat in jüngster Zeit einen bemerkenswerten Aufschwung genommen. Die einzelnen Regionen wurden vor wenigen Jahren zum DOC-Gebiet zusammengefasst. Das trocken-heiße Klima und die an kristallinem Kalkstein- und Schiefereinlagerungen reichen Böden bringen Weine mit erstaunlichen Fruchtaromen hervor, die auch jung schon vollmundig und weich sind. Rotweine aus dem Alentejo können Weinliebhaber zum Schwärmen bringen: fleischige, vollreife Beeren oder Früchte wie Kirschen und Pflaumen sind in der Fülle der Aromen deutlich wahrzunehmen.

Die meisten Weine werden bisher von Genossenschaftskellereien erzeugt. Gutsweine von Cartuxa, Herdade de Mouchão, José de Sousa, Quinta do Carmo (jetzt teilweise Rothschild-Besitz) und Esporão zeigen Kraft und Stil. Die besten Genossenschaften befinden sich in Borba, Redondo und Reguengos. Man darf immer mehr Interessantes erwarten.

Neue Klassifizierung als Vinho regional mit 5 DOC-Bereichen sind: Borba, Redondo, Reguengos, Portalegre, Vidigueira; sowie 3 IPR: Granja-Amareleja, Moura, Évora. Die wichtigsten roten Rebsorten sind: Alfrocheiro, Aragonez, Trincadeira, Periquita. Die wichtigsten weißen Rebsorten sind: Antão Vaz, Arinto, Roupeiro, Rabo de Ovelha, Tamarez. Da für eine ausführliche Beschreibung aller Weinprodukte und Winzer an dieser Stelle kein Platz ist, wurde dieser Aufsatz bewusst auf eine Auswahl der in Deutschland bekanntesten Weine reduziert.

Adega Cooperativa de Borba (rot und weiß)
Dies ist die führende Genossenschaftskellerei im Alentejo mit Edelstahltanks und Eichenfässern, welche aus EG-Mitteln modernisiert wurden. Vollmundiger, fruchtiger roter Vinho do ano und sehr gute Reserva.

Quinta do Carmo (rot und weiß)
Schöne kleine Adega im Alentejo. 1992 zum Teil durch die Rothschilds von Château Lafite übernommen. Ein Anbaugebiet von ca. 50 ha sowie Korkeichenwälder. Frischer Weißwein, besser ist der Rotwein. Zweitwein: Dom Martinho.

Herdade de Cartuxa (rot und weiß)
Großes Weingut in der Nähe der Hauptstadt des Alentejo, Évora, mit etwa 200 ha Anbaufläche. Große, reife, aromatische Rotweine, vergleichen Sie einmal mit Pera Manca, einem der besten und leider auch teuersten Rotweine Alentejos; weiche, sahnige Weißweine.

Herdade do Esporão (rot und weiß)
Die Firma Finagra SA hat 10 Millionen US-Dollar in 365 ha neue Weinberge und eine ultramoderne Kellerei investiert. Seit 1992 werden vom Australier David Baverstock Weine erzeugt: der leichte, frische Weißwein Roupeiro, der fruchtige, junge Rotwein Alandra, hervorragender Cabernet Sauvignon - Esporão mit einer leichten Spur von Cabernet Sauvignon ist einer der besten Rotweine aus dem Alentejo. Auch empfehlenswert: Monte-Velho Rotweine mit leichtem Eichenfassaroma und fruchtige Weißweine.

Herdade de Santa Marta
Herber Rotwein aus dem Alentejo mit 12,5 bis 13,5% Vol. Alkohol. Um die Gerbsäure zu lindern und eine Bukettentwicklung zu ermöglichen, wird dieser Wein natürlich in Eichenfässern gelagert. Der Wein veredelt mit der Alterung in der Flasche und eignet sich besonders zu kräftigen Mahlzeiten.

Herdade de Mouchão (Rotwein)
Vielleicht das Spitzen-Weingut in Alentejo; während der Revolution von 1974 zerstört, inzwischen neu bestockt und völlig wiederhergestellt.

Portalegre (rot und weiß)
Es handelt sich hier um einen relativ neuen DOC-Bereich an der spanischen Grenze. Kräftige, duftige, granatrote Weine mit guter Haltbarkeit; alkoholstarke Weißweine.

Redondo (rot und weiß)
Bereich nahe der spanischen Grenze mit einer der besten großen Genossenschaften Portugals; seit 1998 mit neuem DOC-Status.

Reguengos (rot und weiß)
Wichtige DOC an der Grenze zu Spanien; Sitz der Weingüter José de Sousa und Esporão, außerdem große Genossenschaften mit guten Rotweinen.

Reguengos - branco
Fruchtig, frischer Weißwein. Passt zu gaspacho, gegrilltem oder gekochtem Fisch und Meeresfrüchten. Die optimale Trinktemperatur liegt bei 10° C - 12° C.

Reguengos - tinto
Fruchtig mit sanften Taninen. Passt gut zu Fleisch, Wurstwaren und Käse. Die optimale Trinktemperatur liegt bei 16° C - 18° C.

Vidigueira (rot und weiß)
DOC für traditionell bereitete, ungereifte Weißweine von vulkanischen Böden sowie einige Rotweine mit pflaumenartigem Geschmack.

Wie gut der Wein auch schmeckt, ohne die vielen kleinen Köstlichkeiten aus der portugiesischen Alentejo-Küche sind sie nur halb so gut. So wird der Wein genossen zu der Suppe aus Brot, Ei, Knoblauch und Kräutern (sopa alentejana) oder den diversen Brotsuppen mit den verschiedenen Zutaten (migas und açordas), den kalten Suppen (gaspacho). Nicht zu verachten ist das Zickleingulasch (ensopada de cabrito), Kaninchen (coelho) oder das auch in Deutschland sehr bekannte Schweinefleisch mit Muscheln (carne de porco à alentejana).

Nach dem Essen gönnt man sich mit einem guten Roten ein wenig Käse aus Serpa, Ferreira do Alentejo oder Castro Verde. Regional sehr beliebt (vielleicht mit einem gutem Port?) ist der himmlische Pudding (toucinho do céu), Mandelsüßspeise (doce de amêndoa) oder in der Nähe von Elvas die Pflaumen (ameixas).


* PHG-Mitglied Heinrich Schmalstieg und seine Frau D. Conceição sind die ehemaligen Betreiber des Cafés Ribatejo (damals noch Cantinho de Silves) in der Bahrenfelder Straße in Ottensen. Seit ein paar Jahren haben sie sich in D. Conceiçãos Heimat Valença (Minho) niedergelassen (nachzulesen in Portugal-Post 35). Dazu auch Heinrich Schmalstiegs Bericht über den Schmuggel an Portugals nördlicher Grenze: "Comércio é comércio ... ou não?" (Portugal-Post 36). Heinrich Schmalstieg ist für Fehst Componentes in Ferreiros bei Braga tätig.






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Portugal-Post Nr. 39 / 2007


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