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Kleine Anmerkung über das Berlengas-Archipel (Peniche)

Von Rui Venâncio *

Das Berlengas-Archipel liegt ca. 5,7 Meilen vom Cabo Carvoeiro (Peniche) entfernt und besteht aus der Insel Berlenga sowie den benachbarten Farilhões- und Estelas-Eilanden; unter dem Aspekt der Verwaltung gehört die Inselgruppe zur Gemeinde S. Pedro im Bezirk Peniche. Das Archipel, seit 1981 Naturschutzgebiet, ist einer der wichtigsten Nistplätze der Iberischen Halbinsel für Seevögel, außerdem wachsen dort mehr als ein Dutzend in Portugal selten vorkommender Pflanzenarten.

Die Inseln haben eine wichtige Funktion als Rastplatz für Zugvögel und Nistplatz für Seevögel, die ihre Nahrung im Meer finden und auf der Insel eine ideale geschützte Lage. Unter den dort nistenden Vogelarten sind besonders zu erwähnen die Krähenscharbe (Phalacrocorax aristotelis), der Gelbschnabelsturmtaucher (Calonectris diomedea), der sich nur während der Brutzeit auf Berlenga aufhält, sowie die Trottellumme (Uria aalge), die wie ein kleiner Pinguin aussieht und das Wahrzeichen des Naturschutzgebietes Berlenga ist.

Mit einer vorwiegend durch niedrige Vegetation in Gräser- oder Buschhöhe gekennzeichneten Landschaft besitzt die Insel rund 100 Pflanzenarten, die zwischen Februar und Mai blühen, darunter einige, die man an keinem anderen Ort der Welt findet, so wie Armeria berlengensis, Herniaria berlengiana und Pulicaria microcephala; diese Pflanzen haben aufgrund der jahrhundertelangen Abgeschiedenheit der Insel und den Besonderheiten des felsigen Bodensubstrats Eigenheiten entwickelt, die sie von ihren Artgenossen auf dem Festland unterscheiden.

Geologisch gesehen, stellt der sogenannte Berlenga-Granit einen in Europa einzigartigen Gesteinstyp dar, auf dem amerikanischen Kontinent ist er jedoch gewöhnlich. An der Küste von Peniche finden wir schöne Steilufer, gebildet aus Sedimentärgestein mit zahlreichen Meeresfossilien aus dem Mesozoikum, der Zeit der Dinosaurier. Dieses Gestein besitzt keinerlei Ähnlichkeit mit dem auf Berlenga, Estelas und Farilhões vorhandenen Gestein. Auf den Inseln kommen magmatische und metamorphische Gesteine vor, die sich vor ca. 280 Millionen Jahren gebildet haben - stark deformierter roter Granit, Gneis und Schiefer - und mehr Gemeinsamkeit mit anderen geologischen Formationen auf der Iberischen Halbinsel aufweisen.

Erwähnt seien auch noch die vom Meer ausgewaschenen Grotten, in deren Namen sich die Phantasie und Erfahrungen der Bewohner von Peniche niedergeschlagen haben: Gruta da Flandres, Gruta da Inês, Gruta Azul, Cova do Sonho, Gruta da Muxinga, Gruta da Lagosteira und Gruta do Brandal. Für Besichtigungsfahrten liegen direkt am Kai auf Berlenga kleine Boote bereit.

Bedingt durch die Anwesenheit des Menschen über einen sehr langen Zeitraum besitzt die Ilha de Berlenga, abgesehen von ihren besonderen Gesteins- und Naturschätzen, auch wertvolle historische Spuren, die von der Bedeutung der Insel in der Geschichte der Seefahrt zeugen. Das seit dem Altertum befahrene Meer von Peniche hat im Ankerplatz der Ilha da Berlenga einen Zeugen der historischen Entwicklung. Dank ihrer strategischen Lage im Verlauf der wichtigen Seeroute, die den Norden Europas mit dem Süden verbindet, haben in den Gewässern der Insel zu allen Zeiten Schiffe geankert. Die Erinnerung daran ist für immer in den Funden erhalten, die in den letzten Jahren bei verschiedenen Forschungsprojekten aus dem Meer geborgen wurden, darunter steinerne Anker aus vermutlich phönizisch-punischer Zeit, Ankerstöcke aus Blei und Amphoren aus römischer Zeit oder Geschütze aus Bronze, z. B. Falkonette, die aus dem 15. Jahrhundert stammen.

Eine besondere Bedeutung kommt in dieser historischen Entwicklung der römischen Epoche zu. Tatsächlich stellte die Inselgruppe nämlich offenbar eine obligatorische Anlaufstelle für die römischen Handelsschiffe dar, die längs der heutigen portugiesischen Küste den Handelsweg zwischen dem Mittelmeer und Nordeuropa befuhren. Belegt wird dies dadurch, daß in den vergangenen zwei Jahrzehnten rund zwanzig Ankerstöcke aus Blei sowie mehrere Amphoren römischer Machart aus den hiesigen Gewässern geborgen wurden - eine beachtliche Zahl, die die außerordentliche Bedeutung des Ankerplatzes bescheinigt.

Seit 2001 sind die Gewässer von Berlenga Gegenstand eines archäologischen Projekts, das zum Ziel hat, die unter Wasser gefundenen Objekte zu untersuchen und geographisch zuzuordnen. Entwickelt wurde das Projekt vom Centro Nacional de Arqueologia Náutica e Subaquática des Instituto Português de Arqueologia unter Leitung von Jean-Yves Blot, mit logistischer und technischer Unterstützung durch die Verwaltung der Gemeinde Peniche und die RPM Nautical Foundation (USA) sowie unter Mitarbeit des Clube Naval von Peniche und des Forschers Dias Diogo. Aufgrund der Untersuchung der geborgenen Amphorenteile ließ sich eine vorherrschende Form identifizieren, und zwar die Amphore Haltern 70. Dabei handelt es sich um eine Form, die von Mitte des 1. Jh. v. Ch. bis Mitte des 1. Jh. n. Ch. in großen Mengen hergestellt und für den Transport von Wein verwendet wurde - eines der wichtigsten Handelsgüter des römischen Reichs. Die Analyse der verwendeten Tonmasse gestattet uns zweitausend Jahre, nachdem diese Gefäße im Meer vor Berlenga versunken sind, die Feststellung, daß sie in Bética (Südspanien) hergestellt wurden und zum Transport von Wein aus dem heutigen Andalusien dienten, der für den Konsum in den nordeuropäischen römischen Siedlungen bestimmt war.

Als Baudenkmal ist in erster Linie die mächtige Festung S. João Baptista zu nennen, die 1651 auf Anweisung des Königs D. João IV. zu dem Zweck errichtet wurde, eine Besetzung der Insel durch nordafrikanische Korsaren oder feindliche Mächte zu verhindern, und im Juni 1666 das berühmteste Kriegsereignis ihrer Geschichte erlebte, nämlich die Belagerung durch ein spanisches Geschwader. Nach Voranmeldung in Peniche bei der Associação Amigos da Berlenga (Freundeskreis Berlenga) kann man in der Festung übernachten.

Ebenfalls genannt werden muss der 1841 erbaute Leuchtturm Farol do Duque de Bragança. Er erhebt sich ca. 112 Meter über den Meeresspiegel und sendet von seinem weiß gekalkten viereckigen Turm aus seinen Lichtstrahl 52 Meilen weit. Erwähnenswert ist, dass am Carreiro do Mosteiro (der Name leitet sich von einem heute nicht mehr vorhandenen Kloster des Hieronymus-Ordens aus dem 15. Jh. her) das einzige Restaurant mit Terrasse liegt, außerdem ein kleiner Laden, Castelinho genannt. Ein Besuch des Berlenga-Archipels ist eine spannende Reise in eine Welt mit historischen Stätten und einer vielfältigen Natur, unauslöschlich geformt durch das allgegenwärtige Meer.


Quelle: http://www.cm-peniche.pt [22. Februar 2007]

* Promovierter Archäologe der Universität Coimbra. Leiter des Städtischen Museums Peniche

Übersetzung: Karin von Schweder-Schreiner






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Portugal-Post Nr. 38 / 2007