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Alle Zeichen stehen auf Sturm -
In Portugal herrschen extrem gute Voraussetzungen für Windenergie

Das Interview führte Maria Hilt

Erneuerbare Energien sind in Portugal auf dem Vormarsch. Bis 2010 will die Regierung die Vorgaben des Kyoto-Protokolls erfüllen und die Emissionen verringern, mit Hilfe von Sonne, Wind und Wasser. PHG-Mitglied Horst Woderich arbeitet in Portugal bei der Planung von Wind- und Solarparks mit. Die Portugal-Post hat mit ihm über die Zukunft der parques eólicos gesprochen.

Herr Woderich, wie kamen Sie dazu, sich für die Windenergie in Portugal zu interessieren?
Seit 1978 reise ich regelmäßig nach Portugal, um dort Urlaub zu machen und Freunde zu besuchen. Für mich ist das Land etwas Besonderes. Freunde von mir entwickeln in Deutschland schon seit zehn Jahren Windenergieanlagen und wollten nun nach Portugal expandieren. Und da ich Portugal kannte, ein bisschen Portugiesisch spreche und mich auch durch meine früheren Berufserfahrungen mit der Standortbewertung auskenne, helfe ich bei der Suche nach Standorten für Wind- und Solarparks in Portugal und bei der Regelung behördlicher Angelegenheiten.

Wann ist man in Portugal in das Geschäft mit erneuerbaren Energien eingestiegen?
Im Dezember 2001 wurde in Portugal ein Gesetz erlassen, das den Produzenten erneuerbarer Energien feste Einnahmen garantiert. Das bedeutet, dass die EDP, das portugiesische Stromversorgungsunternehmen, verpflichtet ist, den aus erneuerbaren Energien produzierten Strom zu einem festgelegten Tarif zu kaufen. Dieser Preis ist so angelegt, dass die Wind- und Solarenergieanlagen auch wirtschaftlich arbeiten können. Das Ziel für Windenergie bis 2010 waren 3500 Megawatt - ein Atomkraftwerk erzeugt etwa 700 bis 800 Megawatt. Das entspräche den Anforderungen des Kyoto-Protokolls, das verlangt, 29 Prozent der Kapazität aus erneuerbaren Energien zu speisen. Die Summe der Anträge für Windparks, die im Januar 2002 bei den dortigen Behörden eingingen, ergab allerdings insgesamt 7500 Megawatt. Das war eine Antragsflut, die die Ämter erst einmal schlicht überrollt hat. Ich glaube, erst da hat man in Portugal erkannt, wie groß das wirtschaftliche Potential im Bereich der erneuerbaren Energien ist. Daraufhin wurde die Bearbeitung scheinbar bewusst etwas gebremst, um die Erteilung von Genehmigungen auch mit der Schaffung von Arbeitsplätzen zu koppeln. Dieser Entscheidungsprozess hat lange gedauert und ist erst jetzt in den Endzügen. Die Bewerbungen um die Genehmigungen für Windparks wurden durch ein Punktesystem bewertet und insbesondere diejenigen, die für die meisten Arbeitsplätze sorgen, erhalten die Zuschläge.

Warum wird im Sonnenland Portugal noch so viel Wert auf Windenergie gelegt? Wäre es nicht sinnvoller, alle Investitionen auf die Solarenergie zu konzentrieren?
Die Solarenergie war technisch lange Zeit noch nicht so ausgereift wie Windenergie. Vor allem am Anfang waren die Solar-Module noch so teuer, dass sich das kaum einer leisten konnte. Inzwischen gibt es international mehr Produktionsstätten für Solarmodule und die Preise entspannen sich etwas. Abgesehen davon werden pro Solar-Megawatt etwa fünf Hektar Land benötigt, das ist relativ viel. Windräder haben sich technisch schneller durchgesetzt und waren kostengünstiger, obwohl so eine Windmühle auch an die zwei Millionen Euro kostet - eine Investition, die sich nach etwa dreizehn Jahren amortisiert. Und die Windverhältnisse in Portugal sind gut. Dabei meine ich nicht die thermischen Aufwinde, die oft am Strand sind, während es 100 Meter weiter landeinwärts windstill ist. Für die Windparks sind die Stürme wichtig, die aufgrund der Großwetterlagen zwischen Hoch- und Tiefdruckgebieten entstehen. Diese findet man besonders im Norden von Portugal, in den Bergen. Dort ist auch der Hauptteil der Windparks angesiedelt, zwischen Porto, Vila Real, Bragança, Guarda und Viseu.

Wie schätzen Sie die Chancen Portugals ein, seine Zielsetzungen bis zum Jahr 2010 zu erreichen?
Ich bin da sehr optimistisch und glaube, dass Portugal das schaffen wird. Bei der Solarenergie überraschen uns allerdings die sehr geringen Zielsetzungen. Bis 2010 will Portugal nur 150 Megawatt Solarenergie installieren, in Spanien sind es 400 Megawatt, in Deutschland sind dagegen sogar 750 Megawatt im Gespräch.

Windparks werden oft als Gefahr für die Vogelwelt kritisiert. Werden diese Sorgen in Portugal ernst genommen?
Ob Windräder für einige Vogelarten gefährlich werden können oder ob dies übertriebene Sorgen der Vogelschützer sind, kann ich nicht beurteilen. Beispielsweise Störche sollen manchmal Ausweichprobleme haben, wenn sie in einen Windpark gelangen. Aber die portugiesischen Behörden achten sehr darauf, dass in der Nähe von Zugvögelstationen keine Windparks gebaut werden. In Monchique ist zum Beispiel eine große Planung an diesem Thema gescheitert. Und auch in Gebieten mit Fledermäusen werden Windparks skeptisch gesehen.

Vielen Bewohner fürchten die optische und akustische Belästigung durch die großen Windparks. Wie stehen Sie dazu?
Die Räder drehen sich ja ohnehin nur, wenn es windig ist, und dann hat man ja sowieso eine Geräuschkulisse durch den Wind. Ich glaube kaum, dass dieses Geräusch durch die Windmühlen stärker wird. Das Problem ist, dass die ersten Windparks damals in Deutschland zu nah an die Wohngebiete herangebaut wurden. Man hat damals einfach nicht darüber nachgedacht, dass das stören könnte. Wir haben den portugiesischen Behörden gesagt, dass wir diese Anfangsfehler, die in Deutschland geschehen sind, nicht in Portugal wieder machen wollten, wir würden diese Abstände auf jeden Fall einhalten. Ich habe aber auch Planungen anderer Unternehmen gesehen, die etwas dichter an die Wohngebiete heranrückten. Auf Dauer könnte das &Aauml;rger geben. Sehen kann man die Windräder natürlich weithin, und wenn sie eine bestimmte Höhe haben, müssen sie wegen der Flugsicherung nachts Lichtsignale geben. Trotzdem haben die portugiesischen Grundeigentümer großes Interesse an den Windparks, schließlich erzielen sie damit zusätzliche Einnahmen. Wer sich querstellt, sind oft eher die Einwanderer, die sich in den Bergen eine große Villa mit Swimming-Pool gebaut haben und jetzt um ihre schöne Aussicht fürchten. Ich persönlich sehe Windräder weniger als Sichtverschlechterung denn als Sichtveränderung an. Kabeloberleitungen sieht man ja schließlich auch, da stört sich keiner dran. Man muss gegenseitig eben Rücksicht nehmen.







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Portugal-Post Nr. 37 / 2007


Windmühle an der Costa da Caparica
Gemälde von Siegfried Hahn