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Auf der Auto Clássico in Porto:
Manoel de Oliveira steigt in "seinen" Rennwagen

Von Gudrun Walter*

Die Vorbereitungen zur Reise nach Portugal waren abgeschlossen, der Rennwagen Ford V 8 Especial war per Trailer auf den Weg gebracht und wir hatten unseren Koffer gepackt, um den Flug nach Porto am 28.9.2006 anzutreten. Abgeholt wurden wir am Flughafen von Maria Ortigão, der Tochter des Veranstalters. Vom Flughafen fuhren wir direkt zu den Ausstellungshallen der Exponor. Herr Ortigão hatte Tränen der Rührung in den Augen, als er uns begrüßte und dankte, dass wir den Portugiesen den alten Rennwagen von Manoel de Oliveira vorstellen würden.

Das Auto hatte einen exponierten Platz in Halle 4, stand auf einem erhöhten schwarzen Podest, eingerahmt von großen Schautafeln aus früheren Rennen mit Herrn Ferreirinha, dem Konstrukteur des Wagens, und Herrn de Oliveira sowie allen Pokalen von Manoel de Oliveira, dazu sein Originallenkrad mit Namenszug. An den ersten beiden Tagen der Ausstellung war viel Andrang am Auto und den Schautafeln. Wir nutzten die Zeit, um uns die beiden Seiten des Douro zu erwandern, besuchten zwischendurch immer wieder die Ausstellung.

Dann endlich war der 1.Oktober. Manoel de Oliveira wurde um 15:00 Uhr erwartet. Wir waren eine gute Stunde vorher am Stand und etliche Damen und Herren hatten sich bereits eingestellt. Ein kleiner Sektempfang war vorbereitet. Zwei ältere Ehepaare fielen mir auf, die jedem ein Blatt zeigten, welches sie bei sich trugen. Es stellte sich heraus, dass das Ehepaar aus dem Internet den Artikel der Portugal-Post mit der Reportage über unser Auto gefunden hatte und diesen nun allen zeigte. Das Eis war gebrochen. Wir kamen trotz der Verständigungsprobleme ins Gespräch.

Pünktlich erschien auf den oberen Stufen der Halle Manoel de Oliveira mit seiner Gattin, seinem Sohn, seiner Schwiegertochter und einigen weiteren Freunden. Er stand ganz still und schaute sich zuerst in aller Ruhe die Rückseite der Bildtafeln an. Dann wurde er uns vorgestellt und gemeinsam gingen wir ganz langsam zum Auto. Er verweilte und sagte in seiner ruhigen Art als erstes: "Sehr komfortabel." Danach ging er langsam um das Auto herum, zeigte auf die Bremsen und sagte: "Das ist mein Auto, das Einzige mit hydraulischen Bremsen". Mit großer Leichtigkeit nahm Portugals großer Regisseur, inzwischen 98 Jahre alt, in dem Wagen Platz. Und genoss offensichtlich das Gefühl, nach fast 70 Jahren in seinem früheren Rennwagen zu sitzen.

Nun wollte er sein Auto selbst fahren. Da auf der Exponor ein Kart-Rundkurs angeschlossen ist, wurde der Wagen kurzerhand vom Podest genommen und mit einigen Mühen in die Halle gefahren. Manoel de Oliveira setzte sich wieder in das Auto; man brauchte ihm zum Fahren nichts zu erklären. Er wusste noch alles, wo der Starter war, die hoch liegenden Pedale, lediglich drei Gänge vorhanden, schweres Schalten und Steuern.

Ein Ferrari kam in die Halle gefahren und fuhr mit einem Höllenlärm den Rundkurs. Die Zuschauer, die bis jetzt noch nicht in der Halle waren, kamen angelaufen, und die Tribüne war voller Menschen. Unter rasendem Beifall fuhr Manoel de Oliveira alleine den Rundkurs mit einer Gelassenheit, Ruhe, Lebensfreude und Ausgeglichenheit, die unbeschreiblich war. Nacheinander drehten alle früheren Rennfahrer - Herr Menéres, Herr Ferreirinha, Herr Ortigão - und wir selbst unter dem Beifall tausender Zuschauer unsere Runden. Darauf sagte die sehr charmante Frau de Oliveira mir mit einem Augenzwinkern: "Als wir heirateten, habe ich gesagt: entweder Autorennen oder ich. Er hat sich für mich entschieden, und jetzt sitzt er doch wieder in seinem Rennwagen und bricht sein Wort."

Das Ehepaar de Oliveira hat sich ganz herzlich bedankt, dass wir ihm und Portugal den alten Rennwagen präsentiert haben. Nach einer liebevollen Verabschiedung ging dieser bedeutende Nachmittag dem Ende zu und am nächsten Tag wollten wir unsere Heimreise mit dem Auto quer durch Spanien bis nach Narbonne zum Autoreisezug antreten.

Es war für uns ein langer Weg von vier Jahren vom Erwerb des Autos, der Aufarbeitung der Historie und der Restauration des Autos. Oft kamen uns Zweifel, wenn die Arbeiten stockten, ob er jemals fahrbereit sein würde. Die alte Technik des V8-Motors von 1934 macht viele Probleme, auch heute noch.

Die Reise nach Portugal und anschließend mit dem Rennwagen auf eigener Achse über Spanien bis zum Autoreisezug nach Narbonne war nicht einfach. Wir haben uns vorgestellt, dass es ein tolles Event sein würde; aber das, was wir erlebten war das großartigste und beeindruckendste Erlebnis, das wir jemals hatten. Den großen Manoel de Oliveira in seinem eigenen früheren Rennwagen am Steuerrad zu sehen und die vielen Menschen, die in seinen Bann gezogen wurden - das war einzigartig. Auch die vielen freundlichen Portugiesen haben mit ihrer Herzlichkeit zum Gelingen dieses Events beigetragen.
Obrigado.


* PHG-Mitglieder Gudrun und Dr. Axel Walter haben uns von Anfang an über den Erwerb des ehemaligen Rennwagens des portugiesischen Regisseurs Manoel de Oliveira auf dem Laufenden gehalten.
Informationen über die Geschichte des Wagens und seines ersten Auftretens nach der Restaurierung finden Sie in den Ausgaben 32 und 35 der Portugal-Post.




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Portugal-Post Nr. 36 / 2006


Manoel de Oliveira vor "seinem" Rennwagen auf der "Auto Classico" in Porto




Manoel de Oliveira




Manoel de Oliveira dreht noch einmal eine Runde




Manoel de Oliveira in seiner aktiven Zeit



Mehr Fotos sehen Sie in der
Diashow "Manoel de Oliveira"