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50 Jahre Deutsche Schule Estoril

Von Helga Brauer *

Sonnabend vor Pfingsten in Estoril. Es ist der 3. Juni 2006, ein ganz besonderer Tag, denn die Deutsche Schule feiert ihr 50jähriges Jubiläum. Und dazu bin ich eingeladen. Schatten suchend gehe ich die winkligen Straßen von Alto Estoril hinauf. Sind es wirklich nur 28º? Gleich muss ich da sein. In der Avenida Dr. António Martins die kleine Villa mit ihren fernöstlich hochgezogenen Filigran-Dachspitzen, mit ihren schönen alten azulejos neben dem Eingang und an der Mauer auf dem Hof. Die Escola Alemã, wie die Portugiesen sagen, Zweigstelle der Deutschen Schule Lissabon.

Dröhnende Bässe empfangen die Gäste. Eine Schülerband, im Garten vor der Schule aufgebaut, lässt keinen Zweifel daran, dass das Fest schon begonnen hat. Heiter gestimmt betritt man durch das kleine Pförtchen den Garten vor dem Schulhaus. Das Gelände quillt über vor Musik und Leben. Voller Sound, Kinder und Jugendliche überall, Gäste auf der Treppe, im Eingang und auf dem Flur.

In den Klassenräumen gedeckte Tische zum Platznehmen, die Wände ausgestattet mit vielen Fotografien aus der Geschichte der Schule, aus den 60er, 70er, 80er, 90er Jahren. Da entdeckt man im Gedränge vor den Fotos ehemalige Schüler, Eltern, deutsche und portugiesische Kollegen aus Estoril und aus Lissabon. Welche Freude! Und da sind Zulmira, Rosa und Senhor Gonçalves, die Hilfskräfte in Küche, Keller und Schulbus. Das ist ein Wiedersehen, eine Freude, eine Herzlichkeit! Welch ein Glück, dass mir Filipa Baade in Hamburg sprachlich wieder etwas auf die Beine geholfen hat, so geht es mit der Verständigung einigermaßen.

Im Treppenhaus und im ersten Stock gibt es keine leere Wand. Schülerarbeiten aus dem sprachlichen und künstlerischen Bereich sind bei jedem Schritt zu bewundern, daneben viele Hinweise, Merksätze, Schautafeln aus dem Unterrichtsbereich. Keine Frage: hier wird etwas getan, hier wird gelernt, und das gründlich. Ein Blick in den schnell wieder abgeschlossenen Computerraum unterstreicht den Eindruck. Zehn oder zwölf Computer stehen zur Verfügung, man ist auf dem neusten Stand. Und der ehemalige Speisesaal und der kleine Turnraum werden als Klassenzimmer genutzt, man braucht Platz.

Im Keller ist ein interessantes Kuchenbüfett aufgebaut, im Hof kann man unter Sonnenschirmen Platz nehmen, um mit den Kolleginnen und Schülern zu reden. Aus der kleinen Sackgasse neben der Schule steigen Grilldüfte in die Nase. Hier führen Eltern das Regiment. Wäre es nicht so heiß, möchte man Würstchen, costeletas, croquetes und pastéis probieren.

17 Uhr. Der offizielle Teil des Festes beginnt. 28 Grad? Es müssen 38 Grad sein. In kluger Voraussicht haben die Organisatoren des Jubiläums vor dem Schulhaus ein riesiges Partyzelt aufbauen lassen, unter dem man Platz nehmen kann, um im Schatten den Ablauf der Darbietungen zu verfolgen. Ehrengast in der ersten Reihe der betagte Senhor da Gama mit seiner Frau, der Gründer der Schule, wie man mir sagte. Frau Mixa, die Leiterin der Grundschule, begrüßt die Gäste. Frau Mundt, Leiterin des Kindergartens, spricht ein paar Worte, danach Frau Hansen Santana, Vorstandsvorsitzende des Schulvereins, Frau Dr. Fuchs, die Leiterin der Deutschen Schule Lissabon und Kai Jusek vom Elternbeirat.

Viele Schüler sind inzwischen auf die Bühne geklettert. Nun schmettert es fröhlich von oben: "Zum Geburtstag viel Glück!", "Parabéns a você!" und "Happy birthday to you!" Brav sitzen die Kleinen aus dem Kindergarten an der Seite. Mit großen Augen und voller Begeisterung singen sie zur Gitarre bei jedem Szenenwechsel auf der Bühne. Das ist sehr hübsch und auch gut überlegt. Denn in der Zwischenzeit haben Schüler der 4. Klasse auf der Bühne Aufstellung genommen. Was kommt nun? Wieder tritt die Band lautstark in Aktion, und eine beeindruckende Hip-Hop-Vorführung beginnt. Großer Applaus und begeisterte Zurufe aus dem Publikum.

Szenenwechsel: Piraten ziehen auf, um kraftvoll ihr Protestlied zu singen, kleine Bären machen unbekümmert Musik, Querflöten, Orffsches Instrumentarium, Blockflöten und Handtrommeln sind voll im Einsatz. Applaus von allen Rängen, d.h. aus den Fenstern des Hauses, von wo viele Gäste das Geschehen beobachten. "Unsere Schule ist ok!" höre ich als nächsten Song von der Bühne. Ja, das haben wir gesehen, das erleben wir hier , das glauben wir euch gerne. Weiter geht es, und man fragt sich, an wen es wohl gerichtet ist, wenn die Kinder unbekümmert intonieren:

"Mit 50 hat man noch Träume ...
Diese Schule, noch so klein,
hat immer viel Programm,
diese Schule möcht' größer sein,
dann hätten alle Raum."

Viel Schwung und Unbekümmertheit! Aber damit nicht genug: "Marmor, Stein und Eisen bricht, aber unsere Schule nicht..." war der Reißer, der alle Kinder, alle Erwachsene hochriss, mitsingen und mitklatschen ließ:

"Dam-dam, dam-dam,
alles, alles geht vorbei,
doch wir sind dir treu!"

Nun, es war in dieser Stunde noch lange nicht alles vorbei. Auch als die Kinder sich in ihre Klassenräume zurückzogen, war man eingeladen, um 20 Uhr zur Aufführung eines Musicals wiederzukommen. Irgendwann fand sich in dem Gästegewimmel doch eine halbwegs ruhige Minute, um mit Frau Dr. Fuchs und Frau Mixa zu sprechen. 130 Schüler hat die DS Estoril heute. Das ist ganz beachtlich. Nach den Sparmaßnahmen, die Ende der 70er Jahre von der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen getroffen wurden, welche die Aufnahme portugiesischsprachiger Kinder in Kindergarten und Grundschule verbot, dürfen heute unter bestimmten Umständen wieder bilinguale Kinder aufgenommen werden. Siehe Internet www.dslissabon.com . Das hat mich besonders gefreut.

28 Grad in der Schule? Lasche Temperaturen! 35 Grad strahlt dieses ganze Ensemble aus. Und zum Schluss an alle: Muito obrigada, cara escola e caros amigos! Até à próxima vez!


* Helga Brauer war 1959-64 Lehrkraft an der Deutschen Schule Lissabon und von 1970 bis 1976 Leiterin der Deutschen Schule Estoril




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Portugal-Post Nr. 35 / 2006


Azulejo an der Deutschen Schule in Estoril




"Piraten ziehen auf, um kraftvoll ihr Protestlied zu singen"




im Partyzelt