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Essa nossa ditosa língua XXIII
Aküfi auf portugiesisch

Von Peter Koj

Häufig werden portugiesische Zeitungsleser mit Überschriften konfrontiert wie "Der SIS ist nicht die PIDE" (Público, 6.3.1998) oder "Sousa Franco einverstanden mit der OPA des BPI über den BFE" (Expresso, 26.1.1996). Das Rätsel, was sich hinter diesen Abkürzungen verbirgt, wird dann im allgemeinen im nachfolgenden Artikel enthüllt. Es kann aber auch geschehen, vor allem in kürzeren Beiträgen, dass dem Leser diese Information vorenthalten wird, wie z.B. die folgende, dass ein ehemaliger Dozent des ISEG des Amt des Programmleiters des Studienkabinetts des PEDIP aufgibt, um die Stelle des Verwalters des IAPMEL zu übernehmen.

Dieser Abkürzungsfimmel (Aküfi) ist keine Spezialität der Portugiesen und findet sich auch jeden Tag in deutschen Zeitungen. Wie es scheint, ist es eine anglo-amerikanische Erfindung. Im 1. Weltkrieg waren in der britischen Armee Abkürzungen weit verbreitet, um Militäreinheiten und Kommandoposten zu bezeichnen. Es kam richtig in Mode, und nach dem Krieg gab es eine ganze Reihe von nationalen und internationalen Organisationen, die mit Buchstaben bezeichnet wurden. Heute tummeln sich Kürzel vor allen in technokratischen Veröffentlichungen wie im Diário do Governo, dem portugiesischen Regierungsblatt. Sie sind eine wahre Plage. Klar, Abkürzungen sparen Platz und Druckerschwärze und schon die Schreiber des Mittelalters bedienten sich ihrer. Nur damals waren die Abkürzungen allgemein bekannt, während in unseren Tagen - wie uns António da Silva Leal in einem Artikel warnt, den er bereits am 28.7.1984 im Diário de Notícias (DN) veröffentlich hat - "einige der Abkürzungen von heute den Linguisten und Historikern von morgen Rätsel aufgeben können".

Dies wird sicher der Fall sein bei den Tausenden und Abertausenden von Abkürzungen von Unternehmen und Institutionen wie Gesellschaften, Klubs, Vereinigungen, Räte, Ausschüsse, Institute, Parteien und Gewerkschaften. Werden diese einmal geschlossen, gerät die Bedeutung ihrer Siglen schnell in Vergessenheit. Andere wiederum sind so bekannt, dass die Zeitungen sich nicht mehr die Mühe machen, sie zu entschlüsseln. Hier nur ein paar Beispiele: AML, AR, BD, BT, CCB, CE, CF, CREL, CRIL, Deco, EDP, Enatur, EUA, FA, FENPROF, FIL, FMI, GNR, GP, ICEP, INATEL, IP, IPPAR (Ippar), IVA, Lda, Lx, MFA, MP, MPB, ONU, OPA, PCP, PIB, PIDE, PM, PR, PS, PSD, PSP, RDP, SA, SARL, SIC, SIDA (Sida), SIS, TC, TVI, UE, Unita. Ohne zu wissen, was die einzelnen Buchstaben innerhalb dieser Abkürzungen bedeuten, weiß der Portugiese, wofür diese Kürzel stehen. Im Zweifelsfall empfehlen wir das nebenstehende Kästchen. Wer noch tiefer in die Materie eindringen möchte, den verweisen wir auf unsere Homepage, wo ich ca. tausend Abkürzungen zusammengestellt habe, die mir im Laufe der letzten Jahre untergekommen sind.

Inzwischen sind die Abkürzungen sogar in das gesprochene Portugiesisch vorgedrungen. Dies geschieht auf ganz natürliche Weise, wenn diese Abkürzungen Vokale enthalten und somit wie richtige Wörter ausgesprochen werden können (sogenannte Akronyme). So würde im Falle der portugiesischen Luftfahrtgesellschaft niemand T-A-P sagen sondern immer "tap". Sie werden wie richtige Substantive behandelt mit Artikel, Mehrzahl, oder es werden von ihnen richtige Verben abgeleitet. So titelte der JF - pardon, Jornal do Fundão - am 16.5.2003: "Etares scutizadas" (auf deutsch etwa: "scutisierte Etare"). Damit wird auf knappe und praktische Weise ausgedrückt, dass bestimmte Kläranlagen für den Benutzer kostenfrei sind. Wer nicht weiß, was die Abkürzungen ETAR und SCUT bedeuten, versteht natürlich nur Bahnhof. Man hört in Portugal aber auch Abkürzungen ohne Vokale, z.B. wenn ein älterer Fußballspieler, der mal wieder einen Pass verfehlt, flucht:"pdi!" (= puta da idade, zu deutsch etwa: "Sch... Alter!), oder wenn jemand anderes beteuert, er habe Anstrengungen unternommen q.b. (= quanto baste, auf deutsch etwa: bis zum Geht-nicht-mehr). Der Karikaturist Luís Afonso kritisiert diesen Abkürzungswahn in der Person seines ständigen Barkeepers, der seinen Kunden besser verstanden hätte, wenn er ein IBG statt eines imperial bem gelada (ein gut gekühltes Halbes) bestellt hätte (Público, 28.7.1994).


"Bartoon" von Luís Afonso

In ihrer Neigung zum Humor bedienen die Portugiesen sich auch der Abkürzungen für Späßchen und Wortspiele. So wurden die Anhänger des MRPP, einer revolutionären Vereinigung zu Zeiten des 25. April, meninos rabinos que pintam paredes (eigenartige Knaben, die Wände bemalen) genannt. Diese spaßige Entschlüsselung wird sicherlich länger im Gedächtnis bleiben als die eigentliche, Movimento Reorganizativo do Partido do Proletariado). Und um sich über die nordportugiesische Aussprache lustig zu machen, wird die Abkürzung PBX (Private Branch Exchange), ein Begriff, der im Zeitalter des digitalen Telefons gänzlich unbekannt ist, mit por bários xítios (= por vários sítios, für verschiedene Orte) erklärt.

Und die Tatsache, dass manche Kürzel mehrere Bedeutungen haben (einige Beispiele finden sich im Kästchen), kann Anlass zu Witzeleien geben. So scherzte der spätere portugiesische Premierminister Ferro Rodrigues, als er zum Leiter des MES (Ministério do Equipamento Social, des Ministeriums für Soziales) ernannt wurde: "Ich bin wieder im MES", womit er auf seine linke Vergangenheit als extrem Linker anspielte, als er sich im Movimento da Esquerda Socialista (Bewegung der sozialistischen Linken) engagierte. In dem Zusammenhang sei an die Verwirrung durch Kürzel erinnert, der 2002 der damalige Minister Carlos Tavares zum Opfer fiel. Eines Tages rief bei ihm jemand an, um mit Sr. Tavares über eine Schiedsrichterentscheidung zu sprechen. Es war nicht ganz leicht, die Verwechslung aufzulösen. Der Herr Tavares, den der Anrufer sprechen wollte, war der Präsident der APAF (Associação Portuguesa de Árbitros de Futebol, der portugiesische Schiedsrichterverband), während der Minister Tavares früher einmal Präsident der Associação Portuguesa de Analistas Financeiros (portugiesischer Analystenverband) war, der sch ebenfalls mit APAF abkürzte.

Und natürlich konnten auch die Künstler der Versuchung der Siglen nicht widerstehen. Es waren vor allem die Musiker und Dichter der Nelkenrevolution, die bei ihren antikapitalistischen Angriffen bestimmte Siglen aufs Korn nahmen, wie José Mário Brancos in seiner berühmten Attacke gegen den FMI, den IWF (Internationaler Währungsfonds) und das Gedicht Sigla von Ary dos Santos, in dem er eine vehemente Attacke gegen die SARL (zu deutsch GmBH) reitet.





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Portugal-Post Nr. 35 / 2006



Hier finden Sie eine ausführliche Tabelle der Abkürzungen

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Als Excel-Tabelle:
Abkuerzungen.xls

Als Word-Dokument:
Abkuerzungen.doc