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Rezension:
Mathematik und Geschichten

Von Peter Koj

Ausgerechnet mir, der zeitlebens mit der Mathematik auf dem Kriegsfuß steht, muss so ein Buch zur Rezension vorgelegt werden. Die Rede ist von: Thomas Vogel, Die letzte Geschichte des Miguel Torres da Silva, erschienen 2001 im Verlag Klöpfer und Meyer, inzwischen in der 2. Auflage. Träger der Handlung sind Manuel Torres da Silva, Mathematikstudent in Coimbra, und sein Professor Ribeiro. Und worüber unterhalten die beiden sich wohl die meiste Zeit? Über Mathematik, natürlich!

Gott sei Dank geht es in dem Roman auch um andere Themen, z.B. Geschichten. Da leb ich gleich wieder auf! Die Geschichten stammen vom Großvater Manuels, Miguel Torres da Silva, einem begnadeten Geschichtenerzähler. Alle sehr geistreich und spannend. Besonders die von der heilenden Kraft des Geschichtenhörens. Doch die bringt Manuels Großvater nicht zu Ende. Nachdem er noch gerade seine Kehle mit einem kräftigen Schluck befeuchtet hat, ereilt ihn der Tod. Doch diese letzte Geschichte des Miguel Torres da Silva findet durch den Gang der Ereignisse ihren "natürlichen" Abschluss, und zwar durch einen überraschenden Doppelschlag ganz zum Schluss des Romans. Mehr sei nicht verraten.

Es gibt einen weiteren Grund, warum ich den Roman mit Vergnügen gelesen habe. Endlich mal wieder ein Roman eines deutschen Autors mit einem portugiesischen Schauplatz. Nicht Lissabon, das hatten wir schon mehrfach (Thomas Mann, Erich Maria Remarque, Bodo Kirchhoff, Pascal Mercier u.a.), sondern Coimbra und Porto. Sehr viel Lokalkolorit, gut recherchiert. Selbst die Rechtschreibung der Ortsnamen stimmt, bis auf ein paar fehlende Akzente.

Und auch historische Bezüge fehlen nicht. So erfahren wir einiges über die Regentschaft des Marquês de Pombal, wenn auch nicht über das Erdbeben. Geht schon deswegen nicht, weil der Roman im Jahre 1752 spielt, also drei Jahre vor dem Erdbeben. Auch von der Ceuta-Expedition (1415) wird berichtet, für die die Portuenser all ihr Fleisch hergaben, so dass für sie nur die Kaldaunen (tripas) blieben. Hätte der Autor auch gerne erwähnen können, dass die Portuenser seitdem den Spitznamen tripeiros, "Kuttelfresser" tragen. Und die Quinta das Lágrimas, wo sich der junge Held mit seiner Maria an den Ufern des Mondego trifft, gibt Anlass, ausführlich über die romantische und zugleich tragische Liebesgeschichte von Inês und Pedro zu berichten.

Die Geschichte ist straight erzählt, ohne große literarische Ambitionen. Jedoch wechseln sich Kapitel unterschiedlicher Länge ab. Sie sorgen für erzählerischen Rhythmus und erhöhen das Lesevergnügen. Und zum Schluss - man glaubt es kaum - war ich nicht nur der Faszination der raffiniert konstruierten Geschichte erlegen, sondern auch der magischen Welt der Zahlen. Vielleicht hatte ich auf der Schule einfach nur die falschen Mathematiklehrer.





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Portugal-Post Nr. 32 / 2005