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Rezension:
Lídia Jorge, Milene

Von Peter Koj

Lídia Jorge ist neben Agustina Bessa Luís Portugals bedeutendste zeitgenössische Autorin. Seit ihrem Erstling "Der Tag der Wunder" (noch von Maralde Meyer-Minnemann übersetzt, alle späteren Romane von Karin von Schweder-Schreiner) hat sie eine Reihe von Romanen geschrieben, die ein intimes Bild der Verhältnisse im nachrevolutionären Portugal vermitteln. In "Milene" kehrt die Autorin mal wieder in ihre Heimat zurück, den Algarve. Hier treffen zwei Welten zusammen: die (scheinbar!) unkomplizierte und dadurch beglückende Welt einer kapverdischen Immigranten-Großfamilie, des Mata-Clans, die in der stillgelegten Fischfabrik der Großmutter der Protagonistin ein Unterkommen gefunden hat, und die bürgerliche Welt der reichen Nachkommen von Milenes Großmutter mit ihrer oberflächlichen Durchsetzungsfähigkeit und kaltherzigen Berechnung. Dazwischen die Hauptfigur, Milene. Mit ihrem schlichten Gemüt (ärztliche Diagnose: Oligophrenie) überwindet sie (scheinbar!) schadlos die Kollision dieser beiden Welten. Damit hält sie - ganz in der Tradition des naiven Helden (Simplisissimus, Candide etc) - der modernen portugiesischen Konsumgesellschaft den Spiegel vor.

Den in epischer Breite angelegten Roman (540 Seiten!) treibt die bewegliche Sprache der Autorin voran, mit der sie ganz dicht an ihren Figuren und deren jeweiliger Sicht der Dinge ist. Von Karin von Schweder-Schreiner meisterhaft ins Deutsche übertragen und im Suhrkamp Verlag erschienen.





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Portugal-Post Nr. 32 / 2005