.
  Wir über uns    Mitglied werden    Kontakt    Gästebuch


Portugal brennt

Von Luís Carvalho

Was dieses Jahr in Portugal geschah, darf nie wieder geschehen. "Weine, du total abgebranntes Land! Die Landschaft ist tot, die Hoffnung muss wieder zum Leben erweckt werden" (Jornal do Fundão, vom 28.9.03).

Hier einige Zahlen, die einem die Tränen in die Augen treiben. Bis zum 31.August waren 330.000 Hektar bewaldetes und besiedeltes Land abgebrannt, ausschließlich des landwirtschaftlichen Bereichs. Die Flammen verzehrten Häuser, Fabriken, öffentliche Gebäude (z.B. Schulen), Sportanlagen, private Wagen und Feuerwehrfahrzeuge, landwirtschaftliche Geräte etc. und forderten bereits mehr als 20 Menschenleben. Die Sachschäden belaufen sich auf mehr als eine Milliarde Euro.

Alle Anzeichen weisen darauf hin, dass es sich in der überwiegenden Zahl der Fälle um Brandstiftung handelt. Aber bis zum 31. August wurden erst 73 Personen festgenommen. Wer sind die Verantwortlichen für dieses Inferno? Es genügt nicht, immer nur von "armseligen Pyromanen" zu sprechen, von Geistesgestörten, jungen Analphabeten, Arbeitslosen ohne Perspektive und von senilen Alten, halb verrückt, die man dabei erwischt hat, wie sie Gehölze und Wälder angezündet haben. Es gibt nämlich andere, gut kaschierte Interessenlagen. Zur "Mafia" der Brandstifter gehören die Holzhändler, Bauunternehmer, Feuerwehrleute, die Hersteller, Verkäufer und Lieferanten von Material, das der Brandbekämpfung dient, Piloten und Verleiher von Flugzeugen und Hubschraubern, etc.

Aber auch der Staat gehört auf die Anklagebank. Die Staatsforsten verkommen. Forst- und Flusswächter wurden abgeschafft. Cantoneiros1 gibt es auch nicht mehr. Die Berufsfeuerwehren stagnieren, ebenso wie die freiwilligen Feuerwehren. Das meiste Material ist veraltet und vermag gegen diese auf breiter Front gelegten Bränden nichts auszurichten. Die Flugzeuge, welche die Brände in den Bergen des Algarve bekämpfen sollten, mussten erst einmal nach Tires (!)2, um gewartet und aufgetankt zu werden. Für Hin- und Rückflug gingen ihnen 2 ½ Stunden verloren, in denen das Feuer munter vorrücken konnte und Mensch und Gut vernichtete.

Schreckliche Bilder, dantesk, die sich auf der A 23 von Abrantes nach Mouriscas mir boten, mit Flammen, welche die gesamte Breite der 4 Autobahnspuren querten. Ich war am Rand einer Panik. Schrecklich! Brände im historischen Pinienwald von Leiria, in Mação (wo fast der gesamte Wald des Bezirks abgebrannt ist), Vila de Rei (geodätische Mitte Portugals), der königliche Wald von Mafra und fast das gesamte Monchique-Gebirge (ein Freund, der in Lagos lebt, hatte die ganze Zeit Fenster und Türen geschlossen und das Auto in der Garage, denn Rauchwolken voller Staub, Asche, Kohleteilchen wären sonst ins Haus eingedrungen und hätten alles zerstört; das bedeutete Tag und Nacht Beleuchtung und "eingesperrt"...)

Und die Zukunft? Es wird weiter brennen, solange finanzielle Interessen auf dem Spiel stehen.3 Portugal benötigt mehr Flugzeuge und Hubschrauber zur Bekämpfung von Bränden und zum Transport von Kranken. Unterstützung durch die Armee mit den Mitteln, die ihr zur Verfügung stehen. Eine bessere Koordination zwischen Berufsfeuerwehr, Freiwilligen und der Bevölkerung, die als erste vor Ort und betroffen sind. Neue Methoden zur Bekämpfung von Waldbränden sollten gelernt und umgesetzt werden. Ständige Aufsicht, Reinhaltung der Straßenrinnen und des Unterholzes von Gräsern, Tannennadelresten etc., die sich im Laufe des Jahres auf dem Boden der betroffenen Gebiete ansammeln. Neue Zufahrtswege für Löschzüge in das Innere der Wälder und neue Hydranten, die an Brunnen, Stauseen etc. angeschlossen sind. Und saftige Strafen für die Mafiosi, die sich an den Bränden in Portugal bereichern.


1 Das sind Streckenwärter, die früher die Straßen Portugals frei von Unkraut und sonstigem entzündbaren Material gehalten haben
2 Flughafen bei Cascais
3 Diese Ansicht bestätigte sich leider schon kurz nach Abfassung dieses Artikels. Im September brachen, nachdem die heißen Temperaturen zurückgekehrt waren, die Feuer mit erneuter Heftigkeit aus. Anm. der Red.




| Seitenanfang |





Impressum         Disclaimer
.
Portugal-Post Nr. 24 / 2003


Durch Feuer zerstörtes Anwesen - Foto von Rui Ochôa aus dem EXPRESSO vom 9.9.2003




Brände im Monchique-Gebirge