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Bei den Gemeindewahlen am 16. Dezember hat sich mit den überraschend hohen Gewinnen der PSD in Portugal ein wahrer politischer Erdrutsch vollzogen. Volkes WilleVon José d’Encarnação *
Es wird allgemein gesagt, dass in den westlichen
Demokratien der Wille des Volkes sich in freien Wahlen manifestiert. Im Fall der
Kommunalwahlen, die am 16. Dezember in Portugal stattfanden, drängen sich beim
Betrachten der Wahlergebnisse zwei Schlüsse auf: 1. Die starke Stimmenthaltung – sie betrug
durchschnittlich 50% – zeigt, dass die Hälfte der portugiesischen Bevölkerung
sich wenig für Politik
interessiert, inklusive für die Politik, die mit ihren täglichen Bedürfnissen
zu tun hat, denn es ging ja um die Wahl der Stadt- und Bezirksparlamente, d.h.
Organe, von denen in erster Linie das tägliche Wohlergehen der Leute abhängt. 2. Diejenigen, die zu den Urnen schritten, wählten
gewissenhaft – es gab wenig ungültige oder leere Stimmzettel – und mit der
klaren Absicht, der Regierung, in der Sprache des Fußballs ausgedrückt, die
„rote Karte“ zu zeigen. So entschied sich die gemäßigtere Wählerschaft für
die Sozialdemokratische Partei (PSD), anzusiedeln im „linken Zentrum“ der üblichen
politischen Landschaft; die „Linke“ wählte klar PS (Sozialistische Partei),
um der „Rechten“ auszuweichen. So kam es, dass die von der Kommunistischen
Partei geführte Koalition (CDU) deutlich abgenommen hat und die Partei des
Sozialdemokratischen Zentrums/Volkspartei (CDS/PP) keine größere Anhängerschaft
um sich scharen konnte außer an Orten, wo sie als Koalitionspartner der PSD
auftrat. Ein dermaßen für die PSD günstiges Ergebnis war
nicht zu erwarten und es war auch nicht beabsichtigt, dass aufgrund dieses
Ergebnisses der Premierminister seinen Rücktritt beim Präsidenten der Republik
einreichte, dem sich unter diesen Umständen keine andere Alternative bot, als
das Gesuch anzunehmen. Man hatte die „rote Karte“ gezeigt; aber die Idee
war, dass die PS in diesem Spiel auf Regionalebene nicht weiterspielen sollte,
mehr nicht. Für die PSD war die Gelegenheit noch nicht günstig genug, um sich
Parlamentswahlen zu stellen; die Bevölkerung war noch nicht hinreichend von der
Bedeutung eines Wechsels überzeugt, zumal der augenblickliche Führer der PSD,
Durão Barroso, noch keine Zeit fand, sich mit dem Charisma zu präsentieren,
das nun einmal – ob wir es wollen oder nicht – für die Aufgaben eines
Staatchefs stets vonnöten ist. Wahr ist, dass ein wahres politisches „Erdbeben“,
wie es genannt wurde, zu verzeichnen ist, so überraschend kamen die Siege: in Lissabon, das sehr umkämpft war und wo die
PS hoch reizte, einschließlich der Beschwörung des „Gespenstes der
Rechten“, falls Santana Lopes, der PSD-Kandidat gewinnen würde; übrigens ein
Ergebnis, das erst spät in der Nacht feststand und das ganze Land in großer
Spannung hielt; in Porto, wo Herrschaft der PS als sicher galt; in Sintra, wo Edite Estrela, eine den Fernsehkreisen
sehr verbundene Figur, verkündete, dass sie nur Angst habe vor der
Stimmenthaltung – und diese wandte sich in der Tat gegen sie; in Coimbra der Universitätsstadt par excellence,
wo trotz allem die zum Schluss herrschende Unentschlossenheit den Ausschlag nach
links hätte geben können; in Setúbal, Hafenstadt und drittgrößter Stadt des
Landes, mit einer großen Tradition des Kampfes der Arbeiterschaft, wo die CDU
ein sozialistisches Rathaus zurückgewann; in Faro, Hauptstadt des Algarve, wo sich die
Alternative PSD nicht als besonders glaubwürdig präsentierte... Der Fall Cascais, kosmopolitische Gemeinde
nahe Lissabon, ist unter diesem Aspekt bezeichnend. Der frühere Bürgermeister,
schlecht beraten von seiner Umgebung, hatte die Region im Chaos versinken
lassen. Das betrifft die Zufahrtswege und die Bauwut, wobei er immer deutlich die Interessen der großen Städtebau-Unternehmer
vertreten hat. Und er hatte sich sowohl von der Bevölkerung entfernt als auch
von der Parteibasis, die ihn gewählt hatte. Er ließ sich nicht wieder
aufstellen, und dem von der Lissabonner Parteihierarchie vorgeschlagene
Spitzenkandidat gelang es nicht, die Begeisterung der Wähler zu wecken, denn
trotz seiner engen Bindungen zur Regierung besaß er keinerlei „Wurzeln“ zu
Cascais, das er übrigens erst jetzt kennen lernte. Es war also normal, dass der
Kandidat der Rechten, António Capucho, „Sohn der Stadt“ die Wahl gewann. Es
war jedoch niemals zu erwarten, dass er mit solch großem Vorsprung gewinnen würde
(von den 11 Sitzen im Stadtrat erzielte er 7, die PS nur 3, die CDU 1), vor
allen Dingen wenn man bedenkt, dass sowohl der Kandidat der CDU, Dinis de
Almeida, ein capitão de Abril1,
als auch der Kandidat des Linksblockes (BE) starke Sympathien genossen. Hier
spielte die Frage der„Nützlichkeitswahl“ eine wichtige Rolle. Die Wahlen zum Parlament sind für den 17. März
anberaumt. Bis dahin verfügt Portugal über eine „geschäftsführende“
Regierung, und was alle erwarten ist, dass die Vernunft walten möge und ein
gewisser Patriotismus (unabhängig von dem negativen Beigeschmack, den man
diesem Begriff zuzuweisen pflegt), damit der neuen Regierung sich nicht – so
wie es in vielen Regierungsbezirken jetzt geschehen ist – das traurige
Schauspiel darbietet, dass man eine radikale „Politik der verbrannten Erde“
betrieben hatte. * José d’Encarnação ist Historiker und Journalist. Er
lebt in Cascais und lehrt an der Universität Coimbra. Den vorstehenden Artikel
hat er exklusiv für die Portugal-Post geschrieben |
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