Jorge Amado – die Ehrung, die noch fehlte
Von José d’Encarnação *
Das
Jornal de Coimbra hatte in seinem Nachruf auf den brasilianischen
Romancier ein Foto von Jorge Amado und Miguel Torga eingefügt. Und keinem ist
dabei aufgegangen, wie symbolisch dieses Foto ist. Jorge Amado hatte in der Tat
auf einem seiner früheren Besuche der „Stadt der Doktoren“ sich mit Miguel
Torga getroffen. Eine wechselseitige Freundschaft, eine Bewunderung für
einander, ein gemeinsamer Wille, mit dem Skalpell ihrer Feder die verschlungenen
Pfade einer Gesellschaft freizulegen, mit deren Verhaltensweisen sie häufig
nicht einverstanden waren. Torga vor allem in den Seiten seines Tagebuches:
Jorge Amado in Romanen, wo die literarischen Figuren mit der Liebe und der Brüderlichkeit
in Konflikt geraten.
Ich glaube jedoch, dass Jorge Amado sich niemals hätte träumen
lassen, dass einige von uns denselben Traum wie er träumten: ihm die
Ehrendoktorwürde der ehrwürdigen Universität von Coimbra zu verleihen. Und er
hätte sich niemals vorstellen können, dass dieser Traum sich nicht erfüllte,
weil er sich auch für seinen großen Freund nicht erfüllte. Die Beziehung
zwischen Torga und der Akademie von Coimbra war immer sehr dornig. Er hätte die
Ehrendoktorwürde voll verdient – er wollte sie nicht, man gönnte sie ihm
nicht. Es gab zuviel Antikörper. Und so stieß ich, als ich auf das Drängen
gemeinsamer Freunde mich in den Kulissen bemühte, Jorge Amado für diese
Auszeichnung vorzuschlagen, auf eine Mauer des Schweigens und der Ablehnung:
wenn der eine, dann musste es auch der andere; und weil der „andere“ es
nicht sein konnte, wurde es dieser auch nicht. Seine Fähigkeiten wurden
anerkannt, sie standen außer Zweifel; aber... Ich hakte nach. Da schlossen sich
die Türen.
Und einer der weltweit größten Vertreter der
portugiesischen Sprache wurde nicht Ehrendoktor der Universität Coimbra.
Übersetzung: Peter Koj
* Professor an der Universität Coimbra und soeben mit der
Ehrendoktorwürde der Universität Poitiers (Frankreich) ausgezeichnet. José
d’Encarnação wohnt und publiziert in Cascais, wo Jorge Amado sich sehr häufig
aufgehalten hat. Er stieg dann im Hotel Atlântico ab. Hier hatte man ihm
ein besonderes Zimmer reserviert (Nr.500 oder 519), wo er in Ruhe arbeiten
konnte, während er gleichzeitig den schönen Blick über die Bucht von Cascais
genießen konnte.
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Portugal-Post Nr. 16 / 2001
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