Interview mit dem neuen Generalkonsul der Republik Portugal in Hamburg, Dr. Fernando Manuel Gouveia de Araújo
Von Luise Albers
Seit wann sind Sie in Hamburg?
Ich bin seit dem 4. November in Hamburg.
Welches waren die Dienststellen, wo Sie
vorher gearbeitet haben?
Im Ausland habe ich 6 Jahre in Paris gearbeitet. Dann war
ich in Lissabon. Bevor ich hierher kam, habe ich die
portugiesische Präsidentschaft der Europäischen Gemeinschaft
in der ersten Hälfte des Jahres 2000 vorbereitet.
Haben Sie besondere Sehnsucht nach einer
der früheren Dienststellen?
Ich war bereits an verschiedenen Orten ohne diplomatischen
Auftrag. Als Diplomat habe ich nur in Paris gearbeitet. Ich habe
schon in Rio de Janeiro und Venedig gelebt und 1 ½ Jahre in der
Schweiz. Sehnsucht scheine ich nach all diesen Orten zu verspüren.
Man fühlt sich entweder wohl oder unwohl, und ich weiß nur,
dass ich mich in diesem Moment in Hamburg wohl fühle. Und das
ist für mich das Wichtigste.
Welche Ziele möchten Sie hier in
Hamburg verwirklichen?
Da wir nun einmal zwei Länder sind, die zum selben Großraum
gehören, nämlich der Europäischen Gemeinschaft, und da wir
einige sehr wichtige, wenn auch weniger bekannte historische
Verbindungen haben, meine ich, dass die Weiterentwicklung dieser
Bindungen zwischen den beiden Völkern das wichtigste ist.
Hatten Sie schon Gelegenheit, sich über
die portugiesischen „Szene“ hier in Hamburg zu informieren?
Wenn Sie mit portugiesischer „Szene“ die portugiesische
Gemeinde meinen, dann ja. Es ist ein großes Vergnügen, Kontakt
mit der portugiesischen Gemeinde zu haben. Ich glaube, dass sie
bestens integriert ist. Es scheint mir, dass sie sehr zufrieden
mit den Bedingungen ist, die sie hier vorfindet und dass sie
sich total an das deutsche Wesen und die Lebensgewohnheiten hier
angepasst hat. Und das Schönste ist die Einrichtung der
zahlreichen portugiesischen Cafés und Konditoreien in Hamburg.
Kürzlich habe ich einen Kaffee in einer portugiesischen
Konditorei in der Nähe, wo ich gerade war, zu mir genommen. Und
wie ich da sitze, kommt ein Deutscher herein und sagt zum
portugiesischen Besitzer: „Guten Morgen, eine bica,
bitte!“ Also, statt einen „Kaffee“ zu verlangen, sagte er
„bica“. Ich finde das sehr witzig. Ich hatte keine Ahnung,
dass dieser Begriff schon in den deutschen Wortschatz
eingegangen war.
Sind Sie sich der historischen Bindungen
bewusst, die zwischen Portugal und Hamburg existieren?
Die historischen Bindungen zwischen Portugal und Hamburg
sind derart intensiv, dass es viele Untersuchungen darüber gibt
und sogar eine Ausstellung über die Aufnahme, welche die
portugiesischen Juden im 16. und 17. Jahrhundert in der Folge
der Inquisition hier gefunden haben. Der Komponist der
portugiesischen Nationalhymne starb in Hamburg, und ich glaube,
dass er hier auch beerdigt ist. Und alle Untersuchungen, die
deutsche und portugiesische Forscher angestellt haben, weisen in
die Richtung, dass die Verbindung zwischen Hamburg und Portugal
zu den engsten in ganz Europa zählt. Sie ist vielleicht noch
enger als die zwischen Portugal und Italien während der
Renaissance.
Sind Sie allein oder mit der Familie
hier? Wie gestaltet sich das Familienleben eines Diplomaten?
Welche Probleme erwarten ihn?
Das ist eine sehr nette Frage. Ich bin hier alleine. Ich bin
verheiratet, und meine Frau ist auch Diplomatin. Im Augenblick
ist sie in Lissabon, und sie soll auf eine Stelle möglichst
nahe bei Hamburg geschickt werden, damit wir uns sehen können.
Man weiß noch nicht wohin. Als wir heirateten, war ich in Paris
und sie in Genf, und wir sahen uns jedes Wochenende; aber von
Genf nach Paris sind es 45 Minuten mit dem Flugzeug. Ich habe
die Hoffnung, dass sie bald auf eine Stelle in der Nähe von
Hamburg versetzt wird. Ich wünsche mir nur, dass es ein ebenso
so angenehmer Ort wie Hamburg sein wird. Sie kommt morgen, um
hier ein paar Tage zu verbringen und bei der Gelegenheit bei dem
großen Festmahl des Bürgermeisters im Rathaus teilzunehmen, zu
dem wir zum ersten Mal eingeladen worden sind. Sie war schon
mehrfach in Hamburg, und wir werden die Stadt ein bisschen mehr
erkunden. Meine Tochter ist 25 Jahre alt. Sie spricht besser
deutsch als portugiesisch – und japanisch ebenso! Sie studiert
auf der Kunsthochschule in Lissabon. Sie spricht deutsch, weil
sie lange in Zürich gelebt hat. Sie spricht japanisch, weil sie
japanische Kultur in einer Dolmetscherschule in Tokio studiert
hat. Sie kommt viel besser zurecht als ich, weil sie deutsch
spricht, so dass sie keine Hemmungen hat, irgendwo hinzugehen
und Freundschaften zu schließen. Das unbequemste im
Familienleben eines Diplomaten sind nicht einmal die neuen
Freunde, die man an jedem Ort hat, an dem man gerade ist, denn
Freunde bleiben Freunde – ich habe französische Freunde,
brasilianische, chinesische. Ich habe überall dort Freunde, wo
ich in den Ferien gewesen bin. Das schlimmste sind, glaube ich,
die Umzüge! Alle Möbel, alle Bücher, vor allem. Ich habe
3.500 Bücher, und ich reise nie ohne sie! So dass immer ein
Buch verloren geht oder ein Glas zerbricht – nun, das ist
nicht so wichtig, aber wenn ein Buch verloren geht, ärgere ich
mich. Und hinterher alles wieder einräumen, das ist meiner
Meinung nach das schlimmste.
Haben Sie irgendwelche besonderen
Hobbies, Freizeitbeschäftigungen etc.?
Ich lese gerne. Und die Lektüre hat mit meinen Hobbies zu
tun. Ich sammle antiquarische Bücher, alte Stiche, ganz
allgemein liebe ich Antiquitäten. Da ich Kunstgeschichte
studiert habe, finde ich immer etwas, was mich interessiert, vor
allem in einer Stadt mit einem kulturellen Niveau wie es Hamburg
hat. Ich langweile mich nie. Museen. Oper, Ausstellungen, große
kulturelle Ereignisse – ich habe keine Zeit, zu allen zu
gehen, deswegen langweile ich mich nie. Ich habe hier immer
etwas zu tun.
Wie lange werden Sie bleiben?
Ein Diplomat bleibt auf einem Auslandsposten im Schnitt drei
bis vier Jahre. Da ich mich hier wohl fühle, hoffe ich, dass es
vier Jahre sind, oder fünf oder sechs oder sieben – so lange
wie möglich, denn ich fühle mich in der Tat hier sehr wohl.
Letztlich entscheidet das Außenministerium, denn es geht nach
dem Rotationsprinzip. Ich kann hier sein und danach in den
Vereinigten Staaten, Afrika oder sonstwo.
Sprechen Sie schon etwas Deutsch?
Leider hatte ich noch keine Zeit Deutsch zu lernen. Ich bin
lediglich in der Lage, in einem Geschäft zu sagen was ich wünsche,
oder in einem Taxi, wohin es mich bringen soll. Manchmal tut es
mir weh, nicht in den Gesprächen meiner deutschen Freunde
mithalten zu können. Aber irgendwann werde ich
Deutschunterricht nehmen.
Herr Konsul, wir danken für das
Interview.
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Portugal-Post Nr. 14 / 2001
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Generalkonsul Dr. Fernando Manuel Gouveia de Araújo
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Der Generalkonsul im Gespräch mit Luise Albers
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