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Wandern an Portugals Südwestspitze

Von Claus von Oertzen *

„Urlaub am Meer!“ – Ein jeder denkt bei diesen Worten sogleich an Ferien mit (oder auch ohne!) Badekostüme, Sonne, Wärme, weißer Sand, faulenzen, schwimmen und was sonst noch zu einem sorglosen Badeurlaub gehört. Nun ja, das hat seinen Reiz! Aber in diesem Jahr im März haben wir Strand und Meer von einer anderen Seite kennen gelernt.

Mit schöner Regelmäßigkeit fahren meine Frau und ich in den West-Algarve, nach Vila do Bispo, einem kleinen Ort kurz vor Sagres, der uns zur zweiten Heimat geworden ist. Hier sind wir nicht weit von der Südwestspitze Europas mit seinem berühmten Cabo São Vicente. „Letzte Bratwurst vor Amerika“ hat ein findiger Würstchenverkäufer hier auf sein Reklameschild geschrieben. Das trifft ein wenig die Situation, in der man dort lebt. Man ist wirklich am Ende der Welt. Aber das ist es gerade, was uns so reizt. Wir finden, dass die Welt dort noch „in Ordnung ist“.

Mit diesem Empfinden sind wir nicht allein! Unser Vizepräsident Dr. Peter Koj und seine Frau Erika sind offenbar der gleichen Meinung, verbringen sie doch seit mehr als 20 Jahren dort ihre Sommerferien. Bei einem Treffen an der Praia do Martinhal im Sommer des letzten Jahres animierten wir Peter Koj, der ja ganze Teile von Portugal bereits erwandert hat (Gerês, Costa Vicentina), als „Bergführer“ für zwei Wanderungen auf den Steilklippen zwischen Lagos und Sagres im März dieses Jahres zu fungieren.

Zu unserer ersten Wanderung trafen wir uns in Burgau, dort wo die Costa Vicentina zu Ende ist, um mit uns in Richtung Osten nach Porto de Mós (kurz vor Lagos) zu wandern. Ich gestehe, dass ich eine leichte innere Spannung verspürte; denn es ist Jahrzehnte her, dass ich dergleichen Wanderungen in den Alpen gemacht habe, und mit den Jahren hat sich so manches „Pfündchen“ angesetzt. Doch alle Furcht war umsonst: wir hielten die für diese Strecke angesetzten 4 Stunden gut ein.

Die Zeit verging wie im Flug, und unsere Begeisterung für alles, was wir erleben durften, war grenzenlos. Ich kannte die Küste und das Meer nur von den wunderbaren Stränden her. Was zwischen den Stränden lag, das stellte sich mir nun als Hochplateau mit Steilküste vor. Dass ca. dreiviertel der Küstenlandschaft einer wilden Hochgebirgslandschaft ähnelte, hatte ich nicht geahnt. Da taten sich vor uns grandiose Schluchten und imposante Steilhänge auf. Nach eindrucksvollen Felsformationen gab es immer wieder überraschende Ausblicke auf den phantastisch blauen Ozean, und der Blick wurde frei für das „Ur-Schauspiel“, wenn sich das Meer an den Felskanten bricht und in immer neuen ungezählten Variationen schäumt, brodelt, springt, flutet und seinen weißen Gischt hoch in die Luft schleudert.

Welch eine Urlandschaft! Doch das ist nicht alles: im Monat März blüht ganz Portugal. So war auch hier die Landschaft über und über mit den schönsten Blüten übersät. Wir fanden Blumen, die wir vorher so nicht gesehen hatten, z.B. eine Zwerg-Iris (ca 6-8cm hoch), die mit ihrem leuchtenden Blau stellenweise ganze Teppiche bildete. Daneben gab es Narzissen, Orchideen und vor allem die voll erblühten Zistrosen (esteva). Sonne, Meer, Flora und Landschaft haben uns auf dieser Wanderung, die uns von Burgau über Praia da Luz und die Rocha Negra nach Porto de Mós führte, so begeistert, dass wir uns gleich für einen neuen Ausflug verabredeten.

Und so wanderten wir zwei Tage später in umgekehrter, d.h. westlicher Richtung von Praia do Zavial nach Sagres. Es war die gleiche Begeisterung, mit der wir die deutlich längere Strecke (ca 6 Stunden) bewältigten. Als Belohnung gab es in Sagres in dem Restaurant «Vila Velha» herrlich frischen Fisch, als Vorspeise die Spezialität des Hauses, «condelipas» (so benannt nach dem Grafen von Lippe), das Ganze durchspült von einem vorzüglichen vinho do patrão. Wir waren uns einig: solch eine Wanderung entlang der westlichen Algarveküste kann man nur weiterempfehlen. Herzlichen Dank an Erika und Peter Koj.


* Claus von Oertzen, aus altem mecklenburgischen Adel, ist jetzt in Elmshorn ansässig und verheiratet mit der portugiesischen Pianistin und Professorin an der Hamburger Musikhochschule Helena Rocha.




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Portugal-Post Nr. 11 / 2000


Helena Rocha von Oertzen u. Claus von Oertzen bewundern ein besonders schönes Exemplar einer Zistrose (esteva)




Foto: Christel Lauritzen