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HAMBURG

Von Hery Noppeney * (Übersetzung: Peter Koj)

Ich habe mit dir, große Stadt, zusammen gelebt,
sechsundneunzig Monate
Hand in Hand,
vierundzwanzig Stunden täglich,
und niemals habe ich deine Art zu lächeln kennengelernt,
niemals habe ich deine Worte verstanden,
niemals habe ich von dir ein Lied gehört
für mich,
noch ein Gedicht, noch ein Licht,
noch eine freundschaftliche Umarmung.

Große Stadt,
für mich zu klein, um atmen zu können,
zu arm, um das Morgengrauen schlucken
zu können und das Universum anzulächeln,
das dich so erschreckt.
Deine Straßen, deine Gehsteige
immer leer,
deine ewig kalte Gangster-Brust.
Deine Hagelschauer, deine Dächer,
verrottet von dem Schrecken,
der dich aufbaut
im Innersten deiner Schwächen.

Deine falsche Art, mich anzuschauen
und die Sonne zu liebkosen,
die dich nur bescheint, weil ein höheres Gesetz
es so will.
Dein Wille, die Sterne zu verdecken,
um mich in die Irre gehen zu lassen,
deine falsch entworfene Freiheit,
dein weißes Gesicht ohne Charme,
dein Bier, dein Schmutz,
eine Schande vor allen anderen Städten.
Deine Straßenecken, wo die Müdigkeit
mich verzehrt und mich erschreckt,
deine Fehler, die ich zu vertuschen suche,
um meine Freiheit erkaufen zu können
und deine Grenzen, die so weit sind, auszuprobieren.
Meine Geduld, erschöpft
durch den Qualm, der allmählich Spuren
deiner Enttäuschung in mein Gesicht gräbt.

Große Stadt,
ohne Gefühl, ohne Körper, ohne Kopf,
ohne eine Antwort, um sich aufzurichten
und an etwas Höheres zu glauben.
Mein Frieden, den ich hier verlor,
mein geschwächter Körper, mein Hunger,
meine Qual, meine Niederlage,
mein Fall, im Reisepass vermerkt.
Meine «saudade», mein Abgang, der auf immer
beschmutzt ist durch deine Eitelkeit.

Große Stadt,
ich glaube, es wird dir niemals
gelingen zu wachsen!


* Hery Noppeney muss sehr persönliche Gründe dafür gehabt haben, dass er sich nach 8jährigem Aufenthalt in der Hansestadt mit diesem für Hamburg wenig schmeichelhaften Gedicht verabschiedete. Wir haben es trotzdem unter unserer Rubrik „Voll daneben!“ aufgenommen, weil es uns um die wechselseitigen Beziehungen im Triângulo do Mar Brasilien – Portugal – Hamburg geht und wir uns auch einmal von lusitanischer Seite den Spiegel vorhalten lassen sollten, selbst wenn manches ungerecht und überzogen sein mag. Übrigens soll Hery Noppeney inzwischen an die Elbe zurückgekehrt sein und hier ein zufriedenes Leben führen. Also halb so schlimm!?






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Portugal-Post Nr. 10 / 2000