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Patrícia Melo
Sprachhexerei zwischen den Genres

Von Barbara Mesquita *

Patrícia Melo, Jahrgang 1962, Drehbuchschreiberin, preisgekrönte Romanautorin und eine der 50 „leaders for the New Millennium“ Lateinamerikas (Time) passt in keine literarische Schublade. Zwar wurde ihr zweiter, in mehrere Sprachen übersetzter Roman O Matador bei uns 1998 mit dem Deutschen Krimipreis ausgezeichnet, doch ein Kriminalroman im herkömmlichen Sinne ist die Geschichte vom Aufstieg und Fall des Auftragskillers Máiquel in der mörderischen Megametropole São Paulo nicht. Eher eine bitterböse Abrechnung mit der brasilianischen Gesellschaft und vor allem dem Mittelstand, der die Killerkarriere des Jungen aus den Favelas erst ermöglicht und fördert und sich damit in seiner Verlogenheit entlarvt. Und eine Hetzjagd mit Worten, ein atemloses, sprachliches Abbild der brutalen Welt, in welcher der Roman spielt.

Auch in Patrícia Melos jüngstem Roman Elogio da Mentira, auf deutsch 1999 unter dem Titel Wer lügt gewinnt erschienen und von der Presse hochgelobt, ist die brasilianische Mittelschicht Zielscheibe des beißenden Spotts der Autorin. Nach dem Motto: die Welt will betrogen sein, präsentiert ein drittklassiger Krimiautor seiner Leserschaft unverfroren Geschichten, die er bei berühmteren Kollegen abschreibt. Sein Wechsel in das lukrative Geschäft der Selbsthilfe- und Esoterikbranche macht ihn berühmt. Und mit seinen banalen Rezepten zum Selbstbetrug gelingt es ihm sogar, seine eigene Verwicklung in die Beseitigung des Ehemannes seiner Geliebten zu vertuschen und psychologisch zu verarbeiten. Auch dieser sprachlich virtuose Roman könnte mit einem Krimi verwechselt werden, ohne einer zu sein. Patrícia Melo passt eben einfach in keine der gängigen Schubladen.

O Matador
Stuttgart, Klett-Cotta, 1997
Wer lügt gewinnt
Stuttgart, Klett-Cotta, 1999


* Barbara Mesquita lebt als vereidigte Dolmetscherin und Übersetzerin, vorwiegend aus dem Portugiesischen, in Hamburg.

In der kleinen Präsentation der brasilianischen Erfolgsautorin verschweigt Barbara Mesquita, dass sie es ist, die die beiden Romane ins Deutsche übersetzt hat und dass der Erfolg, den diese auch in Deutschland haben, zum guten Teil auch ihren Übersetzungskünsten zu verdanken ist.




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Portugal-Post Nr. 10 / 2000